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Aus »Siegfrieds Tod. Trauerspiel«.   Vers 58632 bis 58675

DRITTER AUFZUG. DRITTE SZENE


Kriemhild, Gerenot.

GERENOT: Ach, Schwester, unser Haus ist voll Dämonen,
Der stille Friede, den wir einst genossen,
Er ist dahin, ich mag im Stalle wohnen,
Weil dort noch nicht so viele Tränen flossen.

KRIEMHILD: Du weißt bescheid und ich bin auch im Bilde,
Gar schändlich ist der Plan, den man ersonnen,
Du mußt das schlimmste wehren mit dem Schilde,
Eh allzu viele Stunden sind verronnen.

GERENOT: Wer sollte einem Meer den Zugang wehren,
Wenn ringsumher der morsche Damm gebrochen?
Ists gut, vor einem Bierfaß, einem leeren,
Zu tönen, man habs wenigstens gerochen?

KRIEMHILD: Nein, Hagen wirds nur wagen, wenn ihr alle
Euch scheu zurückzieht, bleib ihm an der Seite,
So kommt es heute, eh das Hifthorn schalle,
Gewißlich nicht zum hinterhältgen Streite.

GERENOT: Was hülfe dies? Die Würfel sind gefallen.
Wir können nur die Augen drob verschließen.
Ich hör den Rächer schon im Westwind hallen,
Es müsse Blut heut in die Erde fließen.

KRIEMHILD: O wie verblendet! Du erträgst geduldig
Das große Unrecht, Mord an dem Verwandten?
Was bleibst du unserm Herrn und Heiland schuldig,
Wenn deine Lebenstage einst verbrannten?

GERENOT: Ich räume ein, Verzagtheit fordert Buße,
Ich werde beichten und sie gerne tragen,
Wir leben alle auf zu großem Fuße,
Und unvermittelt gehts uns an den Kragen.

KRIEMHILD: Ausflüchte nenn ich deine Bibelworte,
Du gibst dich fromm und bist doch abgefallen,
Heißt es nicht deutlich, daß gar eng die Pforte,
Du kannst dir keine Mogelpackung krallen.

GERENOT: Mag sein, mein Glaube hat das Blut gelassen,
Die Hülse fliegt im Wind wie weißer Pollen,
Doch manchmal will ein andres Bild mich fassen,
Da reibt sich Eis von den zerbrochnen Schollen.

KRIEMHILD: Du willst dich selbst und mich zum Narren halten,
Von Hirnerweichung scheint das Land betroffen,
Bei deiner Poesie, der eisig kalten,
Muß ich wohl auf den kleinen Bruder hoffen.
Drum tu mir, wenn du sonst zu nichts zu brauchen,
Die Geste, daß er komm auf meine Stube,
Bei dir hör ich den alten Drachen fauchen,
Der fand noch jedes Haus und jede Grube.