|
Aus »Laudine. Minnespiel«. Vers 57057 bis 57113 DRITTER AUFZUG. ZWEITE SZENE Die beiden Ritter gehen ab und erscheinen auf dem Podeste erneut, wo sie sich im Hintergrund halten. Es treten auf König Artus, ein Herold und die beiden Nichten des Grafen vom schwarzen Dorn. Auf der anderen Seite versammeln sich Ritter und Damen, man erkennt Laudine mit Lunete. In der Arena Gawain mit geschlossenem Visier und dem Eberschild, auf der anderen Seite Iwein mit dem Zeichen des Löwen. HEROLD: Im Streit der beiden Erbinnen des Grafen Sein nun die Kämpen rüstig aufgestellet, Der König wird beschaun, wie sie sich trafen, Auf daß der Wille Gottes werd erhellet. Nun tretet Kläger vor und schwört dem Richter, Daß euer Zeugnis mög davor bestehen. Ihr Ritter und ihr Damen, die Gesichter Merkt gut und schaut, was urteilnd soll geschehen. ARTUS: Ich bin bereit, die Klagenden zu hören. ÄLTERE NICHTE: Mein König, groß in Waffenruhm und Ehre, Kein feiges Zagen soll das Recht betören, Der Eberritter mir die Mißgunst wehre. GAWAIN: Ich streite für das Zeugnis und die Rechte Der hohen Frau, die mich in Huld erwählte, Die Lanze zeig das Falsche und das Echte, So wahr der Himmel mir die Schwerthand stählte. JÜNGERE NICHTE: Mein König, eure Weisheit zu bekrönen, Gab Christus euch die Demut vor dem Worte Des Höchsten, drum die Engelschöre tönen, Drum helf er uns an diesem Kampfesorte. IWEIN: Der Wahrheit will ich und dem Herrn vertrauen, Ich heische nichts und beug mich dem Geschicke, Und steh ich vor dem Sensenmann, dem rauhen, So sag man der, die ich nicht mehr erblicke, Daß ich im Feuer und im Höllenschlunde Nicht aufhörn werd, sie immer nur zu preisen, Wenn mich besiegt des Feindes Todeswunde, So mög ein Dornbusch meine Treu beweisen. LUNETE (nur zu ihrer Herrin): Hört, Herrin, wie der Mann, der mich befreite, Gedenkt der Frau, die ihm die Huld entzogen, Er dient ihr treulich noch im Todesstreite, Und ist ihr mehr als allem sonst gewogen. LAUDINE: Ich sagte dirs gewiß zu andern Malen, Daß mich verstört solch Los und solch Mißhandeln: Wie kann ein Aug in einem Antlitz strahlen Und abhold diesen Herrlichkeiten wandeln? (Fanfarenstoß. Die beiden Ritter reiten gegeneinander und brechen die Lanzen, ohne daß einer vom Pferde stürzt. Sie machen kehrt, reiten erneut gegeneinander und brechen die Lanzen. Nach erneuter Wendung kurze Pause.) GAWAIN: Ihr führt zurecht im Schild das Bild des Leuen, Dies wird ein langer Kampf um unsre Frauen. IWEIN: Auch ihr schafft es, die Huldin zu erfreuen, Doch sollte sie nicht euch vor Gott vertrauen. GAWAIN: Was macht euch in der Sache eurer Dame So sicher, daß ihr wähnt euch Gott im Bunde? IWEIN: Mir gab der Löwe Leben, Ehr und Name, Drum geh ich auch nach Löwenart zugrunde, Wenns Gott gefällt, daß euer Schwert mich fälle, Mags Weisheit und Erleuchtung sein den Großen, Doch euer Mut bezwingt mich an der Stelle Der Herrin, die mich gnadenlos verstoßen. LUNETE (zu Laudine): Hört, Herrin, wärs nicht Ärgernis und Schande, Wenn so geschmäht der hehre Held verdürbe, Wenn er gerichtet dort im blutnen Sande So fern von Trost und Frauengnade stürbe? LAUDINE: Wir hoffen, daß die Jüngere der Nichten Ihn nicht verschleißt in diesem Lanzenreiten, Dann wird dies sicher Groll und Gram vernichten Und auch der harten Dame Herz erweiten. (Laudine und Lunete ab.) |