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Aus »Musendämmerung. Tragödie«.   Vers 55005 bis 55060

ZWEITER AUFZUG. FÜNFTE SZENE


Jakob, Petros.

PETROS: Was für ein Ort? Was tut ihr an der Pforte,
Wo gären die vergifteten Gedanken?
Unheimlich ist dem frommen Mann am Orte,
Wo sich die Bösen treffen mit den Kranken.

JAKOB: Ich such den Feind, für euch zu spionieren,
Und wahrlich, diesem Weg glich im Ertrage
Wohl keiner, den die Lorbeerkränze zieren:
Viel schlimmer als wir fürchteten – die Plage!

PETROS: Ihr macht mir angst vor diesem Epistyle.
Die Wege unsers Herrn sind so verborgen.
Kaum daß ich mich erleichtert einmal fühle,
Schon bringt der Tag mir neuerliche Sorgen.

JAKOB: Orest fiel um und mit den Götzendienern
Sinnt er gemeinsam, Christus zu vernichten,
Und die Allianz von Schelmen und Schlawinern
Preist künftgen Sieg in Liedern und Gedichten.

PETROS: Wie dreist! Ich werde dies dem Bischof sagen.
Er schreibt dem Kaiser, daß der Spuk sich ende.

JAKOB: Es ist zu spät, beim Kaiser anzuklagen.
Ihr überlebt, nehmt ihrs in eigne Hände.
Zum Bischof schickt der Präfekt die Hetäre,
Der, auch ein Mann, bei diesen Weiberlisten,
Nicht mehr erkennt, was recht und billig wäre,
Und was zum Schutze nottut unsern Christen.
(Er macht eine zweideutige Geste und fährt nach einer Pause in drohendem Ton fort):
Und Ajax sammelt Schwerter, Lanzen, Äxte
Für seine Schar und für das große Schlachten,
Seit die Hypathia den Präfekt behexte,
Die Hurenpriester nutzen Söldnertrachten.

PETROS: Wer soll da noch erkennen, wer dem Kaiser
Gehorcht und wer allein dem Höllenfürsten?
Furchtbar erkenn ich als Martyriums Weiser,
Die Heiden, die nach unserm Blute dürsten.

JAKOB: Die schlimmste ist Hypathia, ihre Stimme
Ist Luzifer im Dunkel der Mithräen,
Der Endzeitdrache zagt vor ihrem Grimme,
Nach Schierling und nach Krötengift zu spähen.
Ist sie gebannt, so dürft ihr weiter hoffen,
Doch kommt sie euch zu Wort, kann sie versteinen
Den Stärksten, den ein Zweifel nie getroffen,
Und euch bleibt keine Zeit mehr, ihm zu weinen.

PETROS: Ich eile, daß Alarm die Glocke schlage,
Wir werden uns dem großen Angriff rüsten,
Der große Rat noch vor dem Dämmer tage,
Daß er erfahr von höllischen Gelüsten. (Ab.)

JAKOB: So laufe, Narr, und trage meine Flagge,
Phantastisch weiß die Angst sie auszuschmücken,
Ziert sich die Holde, mach ichs mit dem Packe,
Es ist wohl Zeit, gepanzert vorzurücken.
Doch da? Ists nicht Beweis für Jahwes Güte?
Da kommt der nächste Fackelträger eilends,
Er führt mir aus, was ich an Schrecken brüte,
Der flinkste Läufer kennt den Sinn Verweilens.
Doch freilich steh ich hier wie eine Spinne
Im Mittelpunkt des Netzes aller Heiden,
Drum fällt mir zu, was immer ich beginne.
Sie wollen einfach alle nichts als leiden. (Winkt.)