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Aus »Medea. Tragödie«.   Vers 51091 bis 51154

ERSTER AUFZUG. SECHSTE SZENE


Medea, Qulha.

QULHA: Der König lud mich ein, um zu besprechen
Die Krise, leider ohne rechtes Ende,
Er sieht das Reich in Ost und West zerbrechen,
Und hebt doch nur beschwörend seine Hände.

MEDEA: Die Narrheit der Person und dieses Amtes
Braucht ihr der Abgeschiednen nicht erklären,
Aus dunklen Männerphantasien stammt es,
Doch brauchts die Frau, die Träger zu gebären.

QULHA (nickt verständnisvoll):
Obgleich die Ankunft waffenstarrer Reiter
Beweist, daß nichts in dieser Welt alleine,
Meint unser Herr, es ginge alles weiter,
Denn unser Segen hängt im Areshaine.
Er weigert sich der Lockrung, den Reformen,
Und lobt die Steinzeit als das Maß der Maße,
Er lob die Tugend und die alten Normen,
Statt daß er bau zur Bucht die breite Straße.
Die Fortgeschrittnen sollten uns belehren,
Die Wirtschaft hier auf Vordermann zu bringen,
Stattdem hält er ein leeres Fell in Ehren
Und wird nicht müd, ihm lob und preis zu singen.

MEDEA (gelangweilt):
Bringt ihr nur her die ewig gleiche Leier,
Ich brauch die Zeit für eigene Geschäfte,
Macht lieber unterm Volk den Waffenschreier
Und stürzt den Thron und lebt nach eignem Hefte.

QULHA: Ihr kommt zur Sache und dies ist vorzüglich,
Die Frau spürt Wechselwind vor jedem Recken,
Zwar paßt das Land zum Aufstand wild und hüglig,
Doch ohne Fahne folgt man keinem Stecken.
Es wird der Sturz der alten Ordnung glücken
Der Frau, die monden führt der Wölfe Rudel,
Ihr wird sich das Gesetz des Lebens bücken,
Daß der Despot es länger nicht besudel.
Die Frauen stehn seit je dem Leben näher,
Sie schaffens und erhaltens mit der Pflege,
Ein Narr dagegen ist der Wolkenspäher,
Der sich vom Unsichtbaren leiht die Wege.
Drum ist bei Frauen Einsicht für die Lehre,
Daß nötig die Vermehrung aller Güter,
Daß sich die Saat und dann das Brot vermehre,
Schafft Wohlstand für die Herde wie den Hüter.
Die kann allein gelingen, wenn dem Golde
Erlaubt ist, sich als Antrieb zu vermehren,
Dann fügt sich ihm das Harte wie das Holde,
Und keine Ordnung kann es ihm verwehren.

MEDEA: Rebellisch bin ich wohl wie Visionäre,
Doch euerm Haufen dien ich nicht als Krone,
Wenn ich mir der Magie nicht sicher wäre,
Dann prüfte ich, ob sich der Aufwand lohne.
Für meinen Traum sind Kräfte mir gewachsen,
Die einem Mannshirn nie begreiflich werden,
Drum rat ich, seid ihr keiner von den Laxen,
Was mir der Himmel, schaffet euch auf Erden.
(Qulha ab.)
Peritta naht! Nach zweien nun der Schranzen
Wird bald der alte Kläffer selber winseln,
Läßt Gora erst die Botenpfeile tanzen,
Hab ich genug von diesen Einfaltspinseln.
Denn ist das Ei genügend ausgebrütet
Muß irgendwann die harte Schale platzen.
Dann seht mal zu, wie ihr den Himmel hütet!
Der Tiger schlägt nur einmal mit den Tatzen.
Der Mond scheint hell. Es sei nicht ohne Weihe,
Steht die Gefangne auf, sich zu verschönen.
Wenn ich mich aus der Vaterwelt befreie,
Soll er mit seinen vielen Männern stöhnen.