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Aus »Medea. Tragödie«.   Vers 52294 bis 52381

DRITTER AUFZUG. SIEBENTE SZENE


Die vorigen, Arexe.

AREXE: Ich bin schon wieder hier, kaum daß beschieden
Ich ward mit einem Spruch der unverständlich,
Ich leugne nicht, ich war recht unzufrieden,
Und meinte, diese Abfuhr wäre schändlich.
Doch hört, mein Sohn ist Fischer und gefahren
Ist er zu holen seine großen Netze,
Nicht viele Fische in den Maschen waren
Und drüberhin erfleht man keine Schätze.
So war er höchst erstaunt, als in den Stricken
Was leuchtete, so hell und so metallen,
Und als er näher trat mit seinen Blicken
Ist ihm das Kinn dabei fast abgefallen.
Wer spülte dies dem Meere in die Arme?
Wer mischte es dem Netze meinem Sohne?
Es ist, daß sich der Himmel mein erbarme,
Aus purem Golde eine Königskrone.
(Sie zeigt die Krone.)

AIETES: Ich opferte den Göttern die Symbole
Der Herrschaft, als gekrümmt ich im Tribute,
Mir schien die eigne Würde eine hohle,
Die Götter sollten zeigen wo das Gute.
Nun aber haben sie für gut befunden,
Nicht nur die Feinde aus dem Land zu jagen,
Sie schicken sich, dem eben noch so Wunden
Erneut die Väterbürde anzutragen.
Doch soll die Krone, die ich neu erhalte,
Nicht wieder in die sonnenfreie Truhe,
Daß mir das Blut im Herzen nicht erkalte,
Ich ihr zu dienen mein Gelübde tue.
Dem Ritual, das einmal bös mißlungen,
Da eine Hexe hauchte in die Zacken,
Sei eine zweite Runde ausbedungen,
Da kein Gelichter sitzt mir mehr im Nacken.
Ich werd mich mit der Krone selber krönen
Und dann die Tochter ebenso im Saale,
Dann mögen einem Geist Posaunen tönen,
Dem ich mich mähl in diesem Rituale.

JASON: Habt ihr noch eine Tochter, eine zweite?
Ich dachte stets, daß ihr nun ganz alleine.
Was hindert, daß sie aus dem Dunkel schreite
Und sich der Schar der Feiernden vereine?

AIETES: Ihr rietet mir vor euerm Ritt zur Grenze,
Mich Kreusa im Vertrauen zu befehlen,
Der Sieg, der euch so feil, vermochts zur gänze,
Was zwischenher geschehen zu verhehlen.
Wir fanden, daß das Schicksal uns verbunden,
Als mirs die Tochter, ihr den Vater raubte,
Und gegenseitig binden wir uns Wunden,
Erheb ich mich euch zum Familienhaupte.
Ich adoptiere eure Frau verbindlich,
Prinzessin sei sie nun vom Kolcherstamme,
Und damit seh ich auch den Helden kindlich,
Und freue mich, daß ihm die Fackel flamme.
Denn mögt ihr euch dem Volkesruf nicht fügen,
Doch eurem Herz, daß ihr mich sollt beerben,
Kein minderes soll diesem Land genügen,
Nur so gestillt kann ich in Frieden sterben.

KREUSA: Als mir der Vater loderte in Flammen,
Macht rasch das Wort aus deinem Mund die Runde,
Der Tochter Krone sollt vom Vater stammen,
Und mancher sagte dies mit schiefem Munde.
So war Korinth kein Nistplatz zum Ornate,
Zum König aber bist du Held geboren,
Nun habe uns der greise Kolcherpate,
Daß sich erfüll der Zeichenkreis der Horen.
(Sie kniet, Aietes krönt.)

JASON: Ich bleibe ein Akteur in diesem Stücke,
Du aber bist die Dichterin der Szenen,
Es ist allein die Frage, was dir glücke,
Wenn sie sich überschlagen oder dehnen.
(Er tritt aus der Szene zum Bühnenrand.)
So sag ich den Gefährten dieses Zuges,
Daß Telamon sie heim nach Hellas führe,
Ich war Entdecker manchen Wortbetruges,
Doch wußt ich nie, was mir am Schluß gebühre.
Dies macht die Dichter fruchtbar, Argonauten,
Die fahren, um zu fahren, schaffen Stoffe,
Und daß sie recht verstünden, was sie schauten,
Das Publikum in keinem Akt erhoffe.
Nun aber ist geschehn, daß sich zum Kreise
Die Handlung schloß, uns drüber zu belehren,
Wie sehr uns doch verwandelt eine Reise,
Ob wir es fürchten oder tief begehren.
Ich werde Erbe eines greisen Fürsten
Und bin doch selber schon im Herbst des Lebens.
Ich seh, wonach verfallne Lande dürsten,
Und zweifle an der Fruchtbarkeit des Strebens.
O wären meine Knaben noch am Leben!
Ob ich noch einmal Vaterglück erlebe?
Wir ahnen kaum das Los, das uns gegeben,
Und dennoch sprechen Tag und Dunkel: Strebe!