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Aus »Punisches Lied. Tragödie«.   Vers 48798 bis 48889

ZWEITER AUFZUG. ERSTE SZENE


Der Schloßgarten von Karthago. In der Mitte ein mächtiger Feigenbaum, im Hintergrund eine Grotte.

Dido, Timon.

TIMON: Ich grüß die Herrin glücklich und zufrieden,
Die Flotte wächst, die neuen Ruderschiffe,
Sie haben uns die Meeresmacht beschieden,
Sie trotzen jedem Strudel, jedem Riffe.
Grad kam das Korn Sizilien-her gefahren,
Die Ladung wird gelöscht in Windeseile,
Wir wachsen und wir mehren uns mit Jahren,
Uns schreckt kein Sturm und keine Hafenmeile.
Der Krieg verdrießt uns an den Dardanellen,
Der Weg nach Kolchis heischte stets Gebühren,
Zu Lotsen, Wegzoll nun sich Schutztrupps stellen,
Denn anders ist dort nicht ein Schiff zu führen.
Seit Jahren wird dort hin und her gefochten,
Zum Ärger der Vernunft und der Geschäfte,
Die Griechen, die auf eine Dame pochten,
Sie scheuen keine Opfer, keine Kräfte.

DIDO: Wer ist die Frau, daß Männer sich verheeren,
Wie wird das Recht von Griechenland begründet?

TIMON: Des Menelaos Weib in Königsehren
Zu Sparta, wo der Strom Eurotas mündet.
Die Helena, wie Lakedaimons Frauen
Voll Stolz und eigensinnigem Betragen,
Man sagt, daß sie sich manches Wagstück trauen
Zu Pferde oder gar mit eignem Wagen.
Der Paris, der Trojanerprinz, die Dirne
Entführte aus dem kriegerischen Fasten,
Darüber streiten jetzt schon die Gestirne,
Weil Griechen solche Sitten gar nicht paßten.

DIDO: Es ehrt die Griechen, daß zum Schutz der Ehe
Ein großes Heer kommt auf und will nicht weichen,
Dies muß, wenn ich die Sache richtig sehe,
Der Juno einem Preisgesange gleichen.

TIMON: Ich glaub, die Sache ist nur vorgeschoben,
Das Unglück eines Ehemanns kann selten
Die Kreise ziehn, daß Völkerschlachten toben,
So etwas tut sich nur in Dichterwelten.
Der Reichtum Trojas in strategscher Lage
Ist schnöder Grund für diese Schlächtereien,
Doch macht sichs besser für die Totenklage,
Daß schöne Frauen Grund des Tötens seien.

DIDO: Dies mag so sein, doch ist dem Steineschieben
Auf Erden stets ein Hintergrund verbunden,
Die Götter, die die große Geste lieben,
Entzünden sich oft an sehr kleinen Wunden.

TIMON: Ja bitter ist das Ringen dort am Hügel,
Man trieb die Griechen schon hinab ins Wasser,
Patroklos nahm Achilles Zaum und Zügel
Und sorgte, daß der Angriff nicht noch nasser.
Der große Hektor, welchen Phoebus leitet,
Zerschlug mit einem Stein die Festungstore,
Den Myrmidonen ward das Aug geweitet,
Da Hektor zeigt, wie man die Speere bohre.
Patroklos fiel, Achills Gewänder tragend,
Und Troja jubelt, da der Angriff stockte,
Doch diese Kunde zu Achilles tragend,
Den Heros jener Tod des Freundes schockte.
Nun schritt er und entsagte allem Schmollen
Zur Walstatt, daß selbst Hektor mußte fliehen,
Und dreimal um die Mauer ging das Tollen,
Bis da Minerva zwang, das Schwert zu ziehen.
Und Hektor starb und bat da sterbend bitter,
Den Leichnam an die Stadt zurückzugeben,
Doch zum Entsetzen der Partein und Dritter,
Mißhandelte Achilles den Epheben.
Er bohrte in die Ferse einen Haken
Und schliff die Leiche um das Grab des Lieben,
Die Haut zerriß wie ein zerfetztes Laken,
Bis Priamus er gab, was noch geblieben.
Die Raserei erfüllte mit Entsetzen
Die Götter, die da auch nicht glimpflich walten,
Ihr Ebenbild zerfleischte sich zu Fetzen,
Und Himmels Kampflust mußte so erkalten.
Aeneas ist nun Hoffnung der Dardaner,
Seit Hektor fiel, ist er der hehrste Streiter,
In Trauertagen schweigen die Trojaner,
Doch fürchte ich, das Töten geht bald weiter.

DIDO: Droht solches Los am Ende allem Blühen?
Die Städte wachsen und damit die Neider,
Und Tod und Elend sind die Frucht der Mühen,
Und Schimpf und Häme sind die Zeugen beider.
Als ich die Stadt uns gab für eine Stunde
Der Welt, war ich des Spruchs der Göttin inne,
Von Feindschaft und von Drangsal gab sie Kunde,
Von Drohung und von höchst verderbter Minne.
Mag Menelaos Gram euch wenig scheren,
So glaubt doch, daß die Ehre meines Gatten,
Für mich die hehrste bleibt von allen Ehren,
Mir ists, als ging ich grad ihn zu bestatten.

TIMON: Verzeiht, sang ich Aeneas, als begehrte
Ich euer Aug auf seinen Glanz zu lenken,
Mein Schmerz, daß Hektor Proserpin beschwerte,
Läßt mich ihn also unvergleichlich denken. (Ab.)