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Aus »Punisches Lied. Tragödie«.   Vers 49202 bis 49303

ZWEITER AUFZUG. SECHSTE SZENE


Anna, Aeneas.

ANNA: Es ist getan, nun wird der Holde kommen.
Mein Traumprinz wird in diesen Garten treten.
Was frag ich nach den Ehrbaren und Frommen?
Ich wart nicht, bis die Reize mir verwehten.
Nicht oft ein Heros landet an der Küste,
Und dieser ist so herrlich, daß ich rase,
Ich täts, auch wenn ichs bitter büßen müßte,
Vielleicht fall ich auch vorher auf die Nase.
(Pause.)
Das Warten macht mich zappelig und kirre,
Schon steigt im Ost das dämmerige Fahle,
Die halbe Stunde ging, wenn ich nicht irre,
Seit ich den Timon schickte rasch zu Tale.
Die Schwester wird mir bloß nicht noch erwachen,
Wenn sie hier auftaucht, ist der Plan vernichtet,
Dann wird man mich als dummes Kind verlachen,
Das ungeschickt auf alles Glück verzichtet.
(Pause.)
Ich höre was, das muß er sein? o Mächte,
Ihr Götter meiner Jugend habt Erbarmen,
Vielleicht ist ja mein Fanggeweb das schlechte,
Jedoch, ach alles fleht nach seinen Armen.

AENEAS: Wie töricht, dieses Kleinod zu verlieren...
Sagt Maid, wo ist die Herrin dieser Blätter?

ANNA: Ich bins, die Baum und Rankendornen zieren,
Vor ein paar Stunden nanntet ihr mich netter.

AENEAS: Ich sah euch nie zuvor doch sag ich gerne,
Ihr seid die schönste Blüte der Oase,
Solch Herrlichkeit beneiden selbst die Sterne,
Ich neid es dem, der euch berührt im Grase.

ANNA: Die Venus, eure Mutter, fand es schicklich,
Mein Antlitz eurer Mannheit zu verjüngen,
Sie wandelte die Stute augenblicklich
Zum Füllen, das sich müht zu ersten Sprüngen.
Ich heiße Dido, Gründerin der Stätte,
Und kam von Tyros einst auf Neptuns Wogen,
Ihr sagtet, daß ich viele Preiser hätte
Bei Männern? und ihr habt doch nicht gelogen?
Es kann nicht sein, daß eurer Mutter Mühe
Verächtlich macht, was ihr so hold besungen?
Ists unrecht, daß das Reife nochmals blühe
Und mädchenhaft durchglimm die Dämmerungen?

AENEAS: O Dido, daß die Mutter solche Wunder
Vollführ, war ganz gewißlich nicht vonnöten.
War doch mein Herz entzündlich wie der Zunder,
Daß es die Sitte kaum vermocht zu töten.
Nun schau ich dich in lieblichstem Erwachen
Und trau mir kaum solch Herrlichkeit zu kosten.
Ich sagte ja, das Alter kann nichts machen,
Weil Gold und Silber nie im Regen rosten.
(Es wird ganz finster. Blitz und Donner. Die Feigenbaum-Kulisse verschwindet, die Grotte wird in den Vordergrund geschoben. Rotes Licht flammt in der Grotte auf.)

ANNA: Die Elemente toben voll Verlangen,
Dies ist Musik für götternahe Paare,
Ab fiel von mir das Schmachten und das Bangen,
Weil ich die Kräfte nur dem Liebsten spare.

AENEAS: Du bist so wild, ohn Umschweif, ohne Zieren,
Dies ist mir eine ungewohnte Szene,
Doch will ich mich drob lange nicht genieren,
Weil ich dich, Dido, lange schon ersehne.

ANNA: Auch ich bracht Jahre zu im reinen Staunen,
Wenn Timon sprach vom heldenhaften Ringen
Vor Troja, dem des Kriegesschicksals Launen
Aeonenweit Tragödienchöre singen.
Vor diesem Kampfe, hart und ohne Gnade,
Erschien Aeneas als der hellste Streiter,
Den Taten lauscht Diana nackt im Bade,
Proserpina wird dabei froh und heiter.
Die Frauen aller Alter, aller Winde,
Erzählen sich beim Waschen und beim Spinnen,
Ob Adel, Schmiedin, Bäuerin, Gesinde,
Sie träumen, mal ein Quentchen zu gewinnen
Von deiner Kraft, die gleicht dem wilden Eber,
Der angreift und begehrt kein zweites Treffen,
Sie fragen der Orakel Hinweisgeber,
Und träumen, wenn Matrosen Segel reffen.

AENEAS: Die Kraft allein kann Frauen nicht gefallen,
Umfaßt sie nicht den Sinn für Takt und Fließen,
Und weiß der Mann zu lassen und zu ballen,
Gelingts der Frau im tiefsten zu genießen.
Doch ist das Liebesspiel der Menschenkinder,
Nie wie beim Tiere nur Instinkt geschuldet,
Ob einer herrsch, befehl und habe Rinder,
Ob einer wachs und heldenmütig duldet,
Es ist der Adel, den man nennt Charakter,
Der Phantasie entzündet und beflügelt,
Denn wer da kommt als Geck und Taten-Nackter,
Der wird von Frauenblicken abgebügelt.

ANNA: Laß uns nicht weiterhin vom Schmause schwatzen,
Die Grotte hat die Mutter hell erleuchtet,
Ich sehne mich nach deinen Löwentatzen
Und spür wie Nektar mir den Nacken feuchtet.
Ich will mich schmiegen an die Heldenrippen,
Und deinen Bart durchkräuseln und behauchen,
Wird weich die See, korallenhart die Klippen,
So wolln wir wie des Pans Gefolge fauchen.

AENEAS: Ich spüre deine Lippen an den Ohren,
Und spüre deine Hand an meiner Seele,
Dein Haar, zum Glück noch niemals abgeschoren,
Bedeckt, was ich nur mühsam noch verhehle,
Laß tiefer dich in diese Grotte führen,
Daß uns nicht schauen Wolkendunst und Blitze,
Dann will ich lebhaft deinen Busen spüren,
Bis ich dich ganz und inniglichst besitze.