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Aus »Winterlandliebe«. Gedichte 2022 Vers 48081 bis 48140 HAGIA SOPHIA Als die Griechentage sanken, Nordher schon der Nebel kroch, Doch die Schönheit der Gedanken Blieb am Horn lebendig noch, Ward mit Schritten siebenmeilig Wort zu Stein und Weisheit heilig. Christus eint uns, was geschieden In den Schulen wuchs im Streit, Segnet die mit seinem Frieden Und mit seiner Heiterkeit, Die das Feste sehn im Leisen, Heiliges zugleich im Weisen. Imperial die Kuppelgröße, Pantokrator im Zenith, Kommend aus dem Schoß der Schöße, Der das ganze Kreuz erlitt, Daß der Himmel uns gedeihlich Und die Weisheit fest und heilig. Omphalon zeigt unverwunden Uns die Mitte, drum wir gehn, Wenn wir niemals ganz entbunden Walten oder stillestehn, Oder gar wie Paulus reisen, Daß das Heil erreich die Weisen. Die Piscina ruft zur Taufe Viergestuft die Völkerschar, Eh man eigne Schritte laufe, Sei der Geist im Wasser klar, Denn das Leben schreitet eilig, Nur die Weisheit dauert heilig. Jedes Wunder aufzuzählen, Das die Kathedrale birgt, Wage nicht sich auszuwählen, Wer auf halbem Wege stirbt, Aber säum nicht, Brot zu speisen, Heil dem Narren wie dem Weisen. Schon vom Meer entgegensegelnd, Siehst du, wo die Mitte ruht, Alle Weltenrichtung regelnd Sagt, wozu die Erde gut. Aber Teufel ragen freilich, Wo die Weisheit froh und heilig. Turm-Geschosse, die metallen Sich in alle Winde bohrn, Tun wie diamantne Krallen Kund, die Unschuld sei verlorn. Vierfach wurde Gold zu Eisen, Und der Krieger narrt den Weisen. Seit ich jung vernahm die Kunde, Wie das Kreuz im Fall zerbrach, Bet ich um die Rettungsstunde Und tus tausend Christen nach: Mache Gott es gegenteilig, Wo beschämt die Weisheit heilig! Bleibt gewißlich in Gebeten, Daß das Leben lösch den Tod, Daß geschliffen die Raketen Um die Kuppel, rund wie Brot, Daß die Mitte wieder preisen Wird die Heiligkeit im Weisen! |