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Aus »Unstrutleuchten. Erstes Buch«. Gedichte 2019   Vers 44447 bis 44489

ESCHEN-SPRUCH


I

Esche, Nordmanns Ahn und Heiler!
Daß ihr Trieb aus Ritzen presche,
Ist bekannt in Öd und Weiler
Esche.

Wer ihr traut, nicht zagt beim Crashe,
Biegsam taugt dem Hiebausteiler
Gerte oder Ast zur Dresche.

Das Rondell verrät den Feiler,
Doch wer schätzt das Rüstig-Fesche,
Preist in Elf- und Elfenzeiler
Esche.


II

Was einer in die Esche ritzt,
Ist heimlich so wie offenbar,
Der Mund, zum Vogelsang gespitzt,
Sei einzig dem Berufnen klar.
Wer um Natur und Schöpferstolz
Nicht weiß, ahnt doch die Doppelzeil,
Die hörbar raunt im Eschenholz:
O Wandersmann verweil, verweil!

Was einer in die Esche ritzt,
Vielfältig, aber einzigart,
Nimmt wohlfeil, wer da gut besitzt,
Und ärgerlich, wer immer spart.
Wie das Geschenk des Sonnengolds
Erst diamanten wird im Schnee,
So mahnt es aus dem Eschenholz:
O Wandersmann verweh, verweh!

Was einer in die Esche ritzt,
Sich in ein größres Ritzen wagt,
Es hat dem Rabenpaar, gewitzt,
Gehuldigt und vielleicht behagt.
Zur Rätsel-Rune werden sollts,
Zum Zeichen für den Weltenriß,
Drum jammerts aus dem Eschenholz:
O Wandersmann vergiß, vergiß!

Was einer in die Esche ritzt,
Bald wetterwund und flechtengelb,
Das blutet länger, als es blitzt,
Und Spieglein meint, es wär dasselb.
Doch achte nicht den Todes-Bolz,
Der Regenbogen sagt vom Heil,
Und endlich raunts im Eschenholz:
O Wandersmann verweil, verweil!