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Aus »Schnitterfest«. Gedichte 2011 Vers 39562 bis 39625 MÄHDERLIED Lob die Sichel, die uns näher An die stolzen Halme zwingt, Als den aufgereckten Späher, Dessen Lied die Sense singt. Sehr genau ist hier zu scheiden, Welcher Halm der Mahd verfall, Und kein Rehkitz hat zu leiden, Bleibt der Schnitter so am Ball. Lob die Sichte, welche Ähren Unverwirrt zu Garben ballt, Leicht gebückte Mühn gewähren, Was dem Binder Unterhalt, Tiefer als die Sichel schneidet, Was dem Stalle mehrt das Stroh, Wer sich für die Schur entscheidet, Weiß genau des Endes Wo. Lob die Sense, die da singen Auf dem Kampe läßt die Schar, Größte Ernte einzubringen, Blatt und Reff erfunden war, Dengel, Rückenblatt und Hamme Rufen, was die Sprosse rafft, Wenn der Schnitter sich dem Kamme Mählt und also doppelt schafft. Wenn Maschinen dies verdrängen Und ein Reiter mäht und drischt, Folgt Motorenlärm Gesängen, Eine Volkskultur erlischt, Mit dem Dengeln und dem Wetzen Mit dem Blinken tief im Feld, Mit der Nähe zum Verletzen Wird ein Traum die alte Welt. Selbst die frühen Photographen Sind Gemälden ähnlich noch, Weil sie Gottesdienste trafen, Goldkorn unterm Himmelsjoch, Wenn die Hand nicht mehr am Halme, Wenn die Sehnsucht nicht mehr Müh, Gibt es keine echten Psalme, Dankbarkeit nicht spät und früh. Ist die Sense aus dem Rennen, Wird die Sichel zum Symbol, Aber wenn die Höfe brennen, Bleibt das Pathos schwindelhohl, Wird zum Brandmal allem Fronen, Ist der Knechtsmoral gezollt, Wird zum Brandsatz allen Kronen Wird zum Neider allem Gold. Nur wer sät, darf später schneiden, Wer mit Blut die Körner streut, Wird mit ihrem Heimgang leiden, Ohne daß die Tat gereut, Aber wer der Opfer keines Hält für Wuchs und Reife not, Bleibt in Taumeln blinden Scheines Und in allen Altern tot. Also folg dem Ahnenbrauche, Steck den Wetzstein in den Kumpf, In das Meer der Ähren tauche, Bis die Klinge müd und stumpf, Zähle nicht zum Abgelegten, Was geschwisterlich dich nährt, Und vertraue im Bewegten, Was getreu für immer währt. |