|
Aus »Schnitterfest«. Gedichte 2011 Vers 38990 bis 39085 HABENT SUA FATA LIBELLI Als Preußen stieg zur Vormacht auf Des Luthertums, der Bildsamkeit, Die formen sollt den Lebenslauf, Focht Francke wider Harm und Streit. Jesaja sprach am Hauptportal Der Stiftungen verheißungsvoll, Wer nur dem Herrn im Erdental, Der Adlerschwingen haben soll. Ein Waisenhaus, dann drumherum Werkstätten, Gärten, Pharmazie, Als ein addisco ergo sum Die Pietät zur Form gedieh, Das Buch, dem Buch der Bücher nah, Durch Schwarze Kunst dem Volke feil, War diesem Geist im Ansatz nah Als Lob und Trost und Weg zum Heil. Als Francke in der Saalestadt, In Halle seine Schulstadt schuf, Der Antiquarius Lippert hat Am Alten Markte guten Ruf Als Auktionator Pergaments, Als Pfleger aller Letternzier, Und sein Geschäft, das wächst, man nennts Den Armen mild im Drittrevier. Der Sohn im Kirchkolleg, im Rat Und Wahlmann zweiter Kammer gar, Stellt sich der öffentlichen Tat, Als Politik noch Freizeit war, Im Handel kriegt das Sortiment Druckfrischer Bücher Concession, Und was man später Lippert nennt, War hier im Kern begonnen schon. Zur Einungskriegezeit zum Boß Niemeyers Max die Handlung rief, Im Buchhaus Waisenhauses sproß Dem Lehre und Gesellenbrief, Dem fügt sich, daß nach hundert Jahrn Sein Lehrbetrieb und sein Gedeihn In einer Hand zusammenfahrn Und solln auch fürder hallisch sein. Am Anfang stand kein Sahneschmand, Denn wenn die Männer sind im Krieg, Wird nicht gekauft im Hinterland, Drum teuer wird der deutsche Sieg, Doch eine Musikalien-Leih Niemeyer holt die Damenwelt, Daß, wenn Sedan gefochten sei, Den Männern dieser Weg gefällt. Bald steht der Sinn des starken Manns Bei Lippert nach Verlegerei, Wer beim Verkaufe weiß, er kanns, Sehr gerne auch der Schöpfer sei, So wird dem Philologenstand Die Marke absolutes Muß, Wer als Magister hierher fand, Macht mit der Professur nicht Schluß. Jedoch in Jalta die Provinz Von Sachsen ging ans rote Reich, War West und Ost auch Kunz und Hinz, Ging mancher später, mancher gleich, Niemeyer ging nach Württemberg, Der Treuhänder vier Jahre drauf, Des Unternehmens Haus und Werk Ging dann im Volksbuchhandel auf. Zwar blieb den Antiquaren hier Auch im Regime der Staatspartei, Daß Fleiß und Sorgfalt stets die Zier Der deutschen Kaufmannsgilde sei, Geschäftshaus doch und Galerie Nun tumbe Ignoranz verbaut, Was einst dem Jugendstil gedieh, Bedröppelt in die Wende schaut. Als dies Baron und Hebestedt Von Treuhands Gnaden dann privat, Ist man in Tübingen so nett, Daß alter Name mache Staat, Und weil ein Regionalverlag Vervollständigt der Felder drei, Der Wappenspruch hier richtig sag, Daß Büchern auch ein Schicksal sei. Die wird mir heutger Neugestalt Noch inniger, weil Druckerei Hier wieder gutenbergisch alt Flankiert von Satz und Binder sei, Wo Inhalt, Fertigung, Verkauf Zusammenstehn in einer Hand, Da gibt die Macht der Banken auf, Die profitiert vom Unverstand. Besonders an Cornelius muß Ich preisen heut zum Feiertag, Daß nicht, wie sonst zum Überdruß Kredenzt wird, was die Marktmacht mag, Im Sortiment bei Lippert find Was bodenständig mitteldeutsch, Drum staune wie ein kleines Kind, Daß hier der Wiprecht liegt von Groitzsch. |