|
Aus »Kursachsenspiegel«. Gedichte 2010 Vers 36870 bis 37045 SYNAGOGE Als Karl und die späteren Kaiser Zum Rhein, dann zur Elbe zu fahrn, Errichteten huldvolle Weiser, Zu locken die willigen Scharn, Kam vielerlei Volk zu bestellen Das Neuland mit Egge und Pflug, Bald glichen die fremden Gesellen Der Scholle, die allesamt trug. Doch einige nahmen die Sprache Zwar an und gehorchten dem Thron, Doch pflanzen sie eigen ins Brache Den Brauch ihrer Bund-Religion, Sie mischten sich nur mit Genossen Und mieden die Christen bestimmt, Wo Stämme zusammengeflossen, Wars Sorg ihnen, daß nichts verschwimmt. Dies war manchem Prediger grausig, Doch dachten die Mächte schon früh, Der Fernhandel dümpelte lausig, Bewirkten die nützliche Müh Nicht jene, die sich als Gemeinde Beschnitten verstanden allein, Sie spotteten wider die Feinde Und fuhren den Höchstgewinn ein. Schon Zeiten, die Spätre verklären, Erweisen sich so als korrupt, Die Heiden vertrieb man in Mären, Doch was sich als Münze entpuppt, Das soll was ihm trefflich ist beten, Denn Gold ist die Herkunft egal, So litten die Christen betreten Die Andern in wachsender Zahl. Zum Handel der Länder und Städte Kam bald ein gar luftiges Haus: Manch einer begehrt, daß er hätte Den morgigen Tag im voraus. Dem Christ war das Zinsen gescholten, Und einsprang der witzige Jud, Der Trug, den nicht wenige wollten, Verschafft sich seinen Tribut. Doch während die Werkstatt, der Acker Nicht wachsen, daß Jüngern man heißt, Daß ferne er walte und racker, Und so die Familie zerreißt, Ists eigen dem Händler und Leiher, Daß niemals zu groß ihm die Welt, So wurd dies Gewerbe zum Freier, Dem ewiges Wachstum gefällt. Und eins kam dem andern zugute, Daß bald noch ein drittes entstand, Das Volk von verschiedenem Blute Die Kirche zur Einheit verband, Hier festeren Hanf zu ersinnen, Hieß jenem, der herzhaft ihn schläng, Die Deutungsgewalt zu gewinnen Für alles, was spräch oder säng. Den Clou, der zur Macht führte später, Vollführte der Geist paradox, Man stürzt nicht im Gotte der Väter Die Krippe mit Esel und Ochs, Spinoza, der nicht als Rabbiner Befolgte die Lehrtradition, Ersann einen Typ von Schlawiner, Der bleichen läßt Kirche und Thron. Die Welt setzt er selber zum Gotte, Der Heilsplan sei Priestergeschwätz, Dem Mensch seis gemäß, daß er spotte, Was weltlich nicht reift zum Gesetz, Weil außer der Welt nichts bestünde, Sind Teufel und Hölle Legend, Allein der Verstand setzt die Sünde, Und jegliche bannt, wer erkennt. Der Teufel war ganz aus dem Häuschen, Des Nichtseins sinistre Idee Schafft Purpurpaläste dem Mäuschen, Dems leid nicht mehr, daß man es seh, Wen wunderts, daß immer noch frecher Er herkommt, seit solches geglaubt, Nicht mal ein ägyptischer Fächer Des Nichtsein Gloriole ihm raubt. Zwar wollte dem Bauern und Wagner Des Holländers Lehr nicht ins Herz, Doch wer sich als Musen-Getragner Versteht, der liebäugelt dem Scherz. Schon bald war dem Dichter, dem Denker Das Pathos der heiligen Welt Fortuna und staatlicher Lenker Im All, das sich selber bestellt. Der Spürsinn für künftige Wellen Dem Jud war von alters vertraut. Erfasse den Strom an den Schnellen! Ein Narr, wer Potenzen nicht schaut! Der Wegfall der alten Gesetze Zerstört die Gemeinde nicht echt, Real sind persönliche Netze, Die Humbug nicht knüpft, sondern schwächt! Das geistige Klima Barockes Hieß Freisinn und auch Toleranz, Statt Dogmen des Lehrers, des Stockes, Den Zeiten von Gretel und Hans, Bevorzugte man nun Profundes, Und Aufklärung setzt guten Ton, Dies macht bei Getreuen des Bundes Den Unterschied zur Konfession. Doch haben die so Toleranten Bedacht nicht, wie einseitig die, Man hielt für den nächsten Verwandten, Der weiter Verweigerung schrie, Ein Lästermaul, ein Revoluzzer Nicht Abrahams Segen entbehrt, Doch jeder verläßt als Beschmutzer Das Nest, wer den Heiland verehrt. Der Jud, der Verfall alter Sitte Bedauert, erkannte nun bald, Der Freigeister praktische Schritte Bekamen dem Talmud-Erhalt, So wurde mit Langmut gelitten, Wer Gott aus dem Weltbilde strich, Solange dabei nicht bestritten Das Judentum, göttlich an sich. Es blieb nicht bei bloßen Gedanken, Die Könige wurden geköpft, Das Sterben der sittlichen Schranken Ward jenem Gewinn, der ihn schöpft, Das Vakuum bald im Entkernten Gab neuen Geschäften Bedarf, So säte für fürstliche Ernten, Wer vorher die Brandsätze warf. Erst waren es Preß und Verlage, Dann folgte der Träume Fabrik, Die Pornographie ist nur Plage, Wem fehlt das perfekte Geschick, Die Unzucht kennt nirgends Genügen, So sättigt sich niemals der Markt, Wer kundig, die Medien zu fügen, In jeglicher Runde erstarkt. Erst haben der Zins, die Profite Dem Michel die Galle gereizt, Dann stand ein Dämon in der Mitte, Der Sinn und Geschichte verheizt, Die Sozis vertrieben den Kaiser, Das Geld ward zu bloßem Papier, So wurden geschichtet die Reiser, Zu brennen das garstige Tier. Wer Darwin vertraut und dem Affen, Mißdeutets als erbliches Gen, Die Bande vom Hals sich zu schaffen, Muß man auf die Anfänge sehn, Der Teufel hat Macht durch Bestechen, Und wer nicht dem Wohlstand entsagt, Der zahle gefälligst die Zechen, Die ungerecht laut er beklagt. Nutzt niemand die Zeitung, die Röhre Der Pleite der Schmutz nicht entrinnt, Ist klar, daß man gar nichts verlöre, Wenn man nicht mit Schulden beginnt, Benutzt man kein Ding, das im Gaue Ist feil aus dem eignen Bemühn, Man warte nicht lang und man schaue Der künstlichen Blumen Verblühn. Zwar ist auch der Silberling-Nehmer Im Heilsplan ein göttliches Muß, Doch hälts nur ein Narr für bequemer, Die Welt käme endlich zum Schluß, Der Mensch ist beschenkt mit dem Willen, Daß er seine Prüfung besteh, Im Lärm und im zweifelhaft Stillen Den Leuchtstern von Bethlehem seh. Auf Gott setze all dein Vertrauen Und nicht auf des Teufels Geschäft, Die Brücken, die Werber dir bauen, Mit Demut und Milde entkräft, Die Juden sind einzig die Strafe Für Sünden im Tun und im Geist, Entlaufen dem Hirten die Schafe, Frohlocken die Wölfe zumeist. |