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Aus »In den Isarauen«. Gedichte 2009 Vers 32722 bis 32845 JUDAS VON EINÖD Vor Einöd nahe Geretsried Lag einst ein hartgesottnes Nest, Heut weiß allein das Sagenlied Von einer Burg, gewaltig fest. Der Ritter drin hieß Judas, grad Wie der Verräter unsres Herrn, Er war sich keiner Schand zu schad, Und Unzucht hieß sein Lieblingsstern. Ob Bauernmaid, ob Bürgerbraut, Er raubte gern, was ihm gefiel, Und was er in den Kerker haut, Ward endlich willens seinem Ziel. Wie Schwierigkeit Begehren heizt, Stach prickelnd ihm ins Aug ein Kind, Wer schicklich mit den Blicken geizt Und lieber Flachs im Turme spinnt, Die sieht des Lüstlings Phantasie Gebändigt sich verleugnen ganz, Den Teufel reizt die Strategie, Wo jeder meinte, keiner kanns. In Wolfratshausen Wirtin Zapf, Ders Sorg kaum, daß der Himmel komm, Hat einst beheimt mit Herd und Napf Die Base, lieblich, still und fromm. Der Pfleger dieser reichen Stadt Die Wirtin mag, ein starker Mann, Weshalb Vernunft geraten hat, An deren Base kommst nicht ran. Bei Zecherei im Rittersaal Wächst Übermut, der Ritter spricht: Wer diese herbringt, jenem zahl Ich Gold, daß ers kann tragen nicht. Die Derben lockt der Glitzerlohn, Doch ihnen schwant, der Galgen droht, Bis einer spricht in wüstem Hohn: Ich mach dem Herrn ein Angebot. Gebt vorher mir die Münzen her, Daß ich die Wirtin dreist bestech, Dann fällt der Jungfrau alle Wehr, Und schon der nächste Tag bringt Pech. Dies überzeugt selbst Beelzebub: Eh ihr die Taler bloß versauft, Sei dieser Hex ein guter Hub, Daß sie verwandtes Blut verkauft. Gesagt, getan. Die Wirtin heischt Allein, daß kein Verdacht sie kennt. Der Ritter tönt: In Bälde kreischt Die Holde, daß das Bett verbrennt! Dem Flößer Wellinger aus Tölz Verlobt ist, die der Raub erkor, So wie der Eber durchs Gehölz Heranprescht, gehn die Spieße vor. Die Wirtin spricht mit Falsch der Bas, Der Freund sei krank und fast im Grab, So bricht sie auf durch Wald und Gras, Daß gutes Kraut den Siechen lab. Dies führt direkt zum Hinterhalt, Das feine Fangnetz zieht sich zu, Betreten schweigt der Eichenwald, Der Quell, wo liegenbleibt ein Schuh. Im Kerker, moderkalt und klamm, Gewürm und Schleim der Schnecken feil, Das Mädel schluchzt, daß Not verdamm Den Flößer, daß ihn keiner heil. Doch wie Gott grad, wo jeder meint, Er sei ganz fern und ohne Ohr, Das Schicksal ganz verzweifelt scheint, Ringt ein Gewissen hinterm Tor. Der harte Mann, dem man beschied, Zu wachen, wo verdirbt das Licht, Sein Sündenweg vorüberzieht, Das Weinen ihm das Herz zerbricht. Daß einer weigre dem Befehl Und lasse Schutz und Unterhalt, Wems die Gewohnheit, daß er stehl, Wer manchen abstach, flink und kalt, Wer Raub und Niedertracht gewohnt, Und dem die Jahre sprachen stets, Daß nur beherzter Zugriff lohnt, Dem alles sagt, so einzig gehts, Daß solchen eine Träne rühr, Ein Mädchen, das so bitter bangt, Daß ihn zurück der Heiland führ – Ob dazu je ein Glauben langt? Und doch geschiehts. Der harte Knecht Reißt auf der Pforte schweres Holz, Ihm ist das ärgste Wagnis recht, Wo selber ihm das Aug zerschmolz. Er fühlt sie durch Geheim-Gehöhl, Bis sie am Flusse angelangt, Der Jungfrau ists wie Himmelsöl, Der Flößer leidet nicht erkrankt. Der handelt, weil Verfolgung droht, Und flößt zum Kloster Beuerberg, Im Nebel raten Schand und Tod, Ob jemand ihre Flucht bemerk. Der Mann, der seinen Dienstherrn ließ, Befiehlt Laurentius, daß er lenk, Was ihm sein Tun als Waffen wies, Dem Heiligen er alles schenk. Die Klostermauern sind erreicht, Und böse Furcht weicht mildem Wort, Der dichte Morgennebel weicht, Und Stärke bringt der heitre Ort. Die Mönche raten, und der Abt Zu Ritter Konrad Boten schickt: Der Judas rings die Schafe schnappt Im Morgentau die Blüten knickt. Daß einer wagte aufzustehn, Wo Allmacht schien die Rittermacht, Laßt viele tun und weitergehn, Auf daß es tag in finstrer Nacht. Von Baierbrunn kommt Hilfe auf, Den Bauern ists Fanal zum Sturm, Die Wasserleitung kappt der Hauf, Bald ist die Burg ein träger Wurm. Die Räuber wurden aufgehängt In München, wo man Urteil sprach, Der Felshang hat sich abgesenkt, Worauf die Burg schon bald zerbrach. In Königsdorf Laurentius ließ Den Bogen und den goldnen Pfeil Der Reuige, der euch bewies, Daß nie unmöglich ist das Heil. |