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Aus »Engelke up de Muer«. Gedichte 2008 Vers 29147 bis 29226 UP DE MUER Hoch sich alles Hohe reckt, Über Gasse, Giebel, Geest, Weite Ziele abgesteckt Hat, was zwischen Wolken west, Wenn der Sturm das Haar verfilzt, Daß nicht Bürste hilft und Kamm, Steht der Engel, den du willst, Als dein Liebstes auf dem Damm. Weit bist du zum Port gereist, Durch Moränen, Moor und Watt, Was der Pharon dir verheißt, Macht die kühnsten Träume platt, Wat durch Volk und kalte Furt, Er bewacht die Himmelstür Mit dem Schlüsselbund am Gurt, Er, der Engel up de Muer. Braunes Haar wallt auf das Gold Seiner Flügel, ausgestreckt, Seine Augen sind dir hold Und der Macht, die in dir steckt, Neigt er sich und streift dich zart, Wird zum Adler dir das Lamm, Und dich hebt zur Weltenfahrt, Er, der Engel auf dem Damm. Den du einst zur Kinderzeit Im Geäst vom Fliederbaum Ahntest, dessen Flügel breit Öffneten des Himmels Saum, Der dich stets zur Nacht umarmt, Und begabt mit Huld und Kür, Hat sich Wirklichkeit erbarmt Und steht leiblich up de Muer. Was Vernünfteln und Geschmack Nicht erahnt, noch starker Punsch, Der Pomade nicht und Lack Braucht, zu scheuchen jeden Wunsch, Der die Summe aller Glut Weckt in seinem Bräutigam, Ruf dich heim in seine Hut Als der Engel auf dem Damm. Gib dich hin und gib dich ganz, Hier wird jede Frag zunicht, Laß, so wie im Glücke Hans Alles, was dich trennt dem Licht, Häng an seiner Augen Strahl, Deiner Rüstung Panzer rühr, Denn dem Herz bleibt keine Wahl Vor dem Engel up de Muer. Was dich jäh und tief beglückt, Wird in Jahren holder noch, Denn du bist in eins gerückt Mit geburtbestimmtem Joch, Immer zog derselbe Saft Dir durch Zweige, Äste, Stamm, Barg zu deinem Glücke Kraft Nur der Engel auf dem Damm. Was dir Traum und Wachen fing, Was du aus der Kindheit nahmst, Weiß allein, der mit dir ging Eh du auf die Erde kamst, In der Schöpfungsfrühe schon Gott bestimmte, wer dich führ, Morgens Weckruf, Schlafes Mohn War der Engel up de Muer. Warst du lang im Walten fremd, Und ein Irrlicht, flackernd bloß, Schmückt dich nun das Hochzeitshemd Und du zogst das Große Los, Weil du nicht mehr nur die Front Schaust und wühlst in Schlick und Schlamm, Öffnet sich der Horizont Mit dem Engel auf dem Damm. Dunkel scheint dir nun der Lehm, Drin du grubst nach Runenrat, Denn dem Herrn war es genehm, Daß dich frei für Spruch und Tat Mach der Engel, Windes Braut, Dem Alleinsein ein Geschwür, Der dich trägt und dir vertraut Und dich aufnahm up de Muer. |