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Aus »Das Jahr des Heils«. Gedichte 2006 Vers 17036 bis 17077 DER UNBEKANNTE GOTT Als Paulus den Athenern sprach, Ließ er sich auf Rhetorik ein Und ahmte die Methode nach, Voll Anteil und Gehör zu sein, Denn wie er so den Hochmut brach, War die Verwundrung echt und rein. Manch Prediger hat hier erprobt, Daß sich der Einstieg nur gewährt Mit Worten: Was ihr selber hobt, Noch meinen Lorbeerkranz entbehrt. Er geht umher und schaut und lobt Den Weisen, der das Gastrecht ehrt. Dies sei ein Taschenspielertrick Meint mancher, denn die freie Stel War nicht gedacht für einen Blick, Der alles was da sonst entseel, Drum sei des Paulus Red-Geschick Die Rachsucht und die Wüstenkehl. Des Unbekannten Gotts Altar Dem Eitlen jeder Zeit gefällt Gern nimmt den Stein, des Eigners bar, Wer seinen Senf für Myrrhe hält, Doch nehme uns, was wirklich war, Nicht all der Lärm, der schleimt und bellt. Wer sich die Grille, das Phantom Nicht gönnt, die Weisheit sei total Und Gott sei ganz in seinem Dom, Bezwingt den Eifrer allemal, Er weiß, uns frommt nur ein Arom Und Gottes Ganzheit wird uns Qual. Der will auch andren Wegen traun, Ihm ist die Welt so jung wie alt, Manch kluger Kopf wird nach ihm schaun Des Wesens Kern, die Weltgestalt, Und wird sein Antlitz falb und braun, So läßt ihn dies aus Einsicht kalt. So mag die Griechen Paulus lehrn, Doch wird des Unbekannten Weih Nicht ledig Sinns und seiner Ehrn, Da Christus macht die Toten frei, Denn mag der Feind auch manches kehrn, Gilt doch das Schöpfungswort: Es sei. |