Willkommen

Lebenslauf

Aktuell

Werke

Publikationen

Audio

Leserstimmen

Besucherbuch

Impressum
 
voriges Gedicht nächstes Gedicht

Aus »Deutsche Passion«. Gedichte 2006   Vers 14817 bis 14886

FAFNIR SPRICHT


I

Da du hier anklopfst, sag, was willst du wagen?
Schreckt dich der Strauß, so rette Bein und Wanst!
Vermagst du es, den Drachen zu erschlagen,
Sieh zu, daß du das Gold auch tragen kannst!


II

Wer wagt, gewinnt, wer schwatzt, hat rasch verloren,
Denn wer kann wissen, ob die Karte sticht ...
Und schirmt dich, junger Mann, der Schild der Toren,
Macht mich der Tarnhelm unsichtbar wie Licht.

Was wunderts, daß nur ausnahmsweis in Foren
Das Tier erscheint, dem man den Lorbeer flicht?
Bevor du nicht der Prosa abgeschworen,
So lernst du auch bei mir das Fürchten nicht.


III

Am Markt, wo mancher Unberufne gafft,
Ließ ich was ihm nicht ziemt und frommt im vagen,
Fast ärgert mich, daß hier es jemand schafft,
Noch weniger als ich von sich zu sagen.

Doch reizt es dich, den Raunenden zu binden,
Der unerkannt am Born der Liebe wacht,
Such nicht, was er verschweigt, herauszufinden,
Denn nur im Geist wohnt seine Zaubermacht.


IV

Du hast das Tier geweckt, das zu Poemen
Die Rätsel flicht aus Wind und Vogelspruch,
Dies ist kein Schwatz mit Frommen und Bequemen,
Ein schwaches Kreuz geht dabei leicht zu Bruch.

Auch Jamben, die sich ungelenk und schwammig
Verbreitern, sind nicht erster Klasse Paß,
Der eine stirbt im Rost und schlummert schlammig,
Der andre gleißt im Firneis des Parnaß.

Doch nicht die Form sei allererste Zierde
Für den, der sich dem Quell zum Trunke neigt,
Nach welchem Stock sich deines Dursts Begierde
Bemißt, im Kyff dir erst das Szepter zeigt.


V

Ich wache tausend Jahr vor den Kleinoden
Mit Grimm, und wenn dereinst der Weise strahlt
Mit milderm Rot und wirft den Feind zu Boden,
Hat sich Geduld und Treue ausgezahlt.

Ich bin der letzte des Geschlechts der Riesen,
Die einst den Asen schufen Wall und Turm,
Für Darwin und die ihn zum Herrn erkiesen,
Bin ich ein Mißgriff und ein nackter Wurm.

Erst wenn die Alter vor des Heilands Kommen,
Erlöst sind vom Verdikt, das sie verdammt,
Darf auch dem Leben ihre Weisheit frommen,
Sind wahrhaft kosmisch Herrlichkeit und Amt.

Dann wird die Irminsul sich neu belauben,
Die Raben fliehn den Grottengang am Kyff,
Dann hörst du auch wie Odins Rosse schnauben
Nicht mehr als Alp, der nach dem Leben griff.

Denn wer das Leben hegt zum Neid der Toten,
Ist immer nur ein Günstling seiner Zeit
In beiden Reichen wesen Gottes Boten,
Und jede Gruft steht ihrem Flug bereit.

Doch nicht erst, wenn sie blasen zum Gerichte,
Wird Ruh für mich und hohes Glück für Hans,
Wenn Golgatha und Mimirs Quell Geschichte
Vereint, wird auch des Reiches Krone ganz.


VI

Nur Fahrenden geziemts, das Horn zu blasen.
Am Herd mag ruhn, wer gern den Weibern front,
Du weißt, daß selbst der mächtigste der Asen
Durch Wälder streift und nicht im Himmel thront.

Doch magst du gern an meinem Rätsel halten,
Vielleicht ists klug, vielleicht auch nur gewitzt.
Der Weisheit Freunde nannten sich die Alten,
Weil nur ein Gott die Weisheit selbst besitzt.

Genug! schon naht die Nacht mit ihren Mären,
So steig vom Pferd und öffne das Visier!
Ich weiß nicht, was die Götter uns gewähren,
Doch diese Stunde wache ich mit dir.