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Aus »Idäisches Licht. Erstes Buch«. Gedichte 2006   Vers 10663 bis 10724

DICHTERLOS


I

Der Dichter ist allein dem Gott zu willen,
Der mit dem Schmerz den Traum verflicht zu Welt,
Er kann das Blut der Schöpfungswunde stillen,
Wenn er die eigne Wunde offenhält.

Er opfert sich den schroffen und den schrillen
Orakeln, daß der Reim dem Ohr gefällt,
Doch was ihn bannt und ihn ins Offne stellt,
Das hält das Volk für Eitelkeit und Grillen.

Drum klag er nicht und wage keine Rüge,
Denn Tröster sind allein die Vogelzüge
Mit Mustern, die der Traum vorhergeschaut.

Und wenn Homer sein großes Werk zerschlüge,
So walte, daß dein Geist es wieder füge
Im Maß, das dir der Idaberg vertraut.


II

Den Dichter tragen Engel, nicht Motoren,
Er spielt noch mit bei Wachs und Segeltuch,
Daß einen Stahl beherrsch, benennt er Fluch,
Wer dies nicht merkt, der ist für ihn verloren.

Denn alle die bequemen Ketzereien
Des Geists, der alles Volk mit Vorteil narrt,
Sind Diener, die sich Zins und Tilgung hart
Verschaffen und sofort aufs neue leihen.

Und wenn Quixote mit Mühlenflügeln streitet,
So ist dies eine Tat, die Schmerz bereitet,
Weil er der Mensch ist im Lemurenstaat.

Doch wenn der Dichter wilde Xenien reitet,
So hegt er Hoffnung nicht, daß er verleitet,
Die Marionette brech den Führungsdraht.


III

Der Dichter ist von Herkunft frei und Hoffen,
Er schämt sich, seinen Namen hinzusetzten,
Was andre schmähn und wieder andre schätzen,
Ist nur geliehn, und ob im Recht ist offen.

Will er verschenken, nennt man dies bestechen,
Und wenn er schweigt, so pönt man diese Grille
Ihm sind Gedichte sogar Wunsch und Wille,
Drum ist er wehrlos allem Haun und Stechen.

Er steht nicht nur im Widerspruch zum Wollen,
Er weiß dies und bedauert das Vertrackte,
Das ihn vereinsamt läßt im Sehnsuchtsvollen.

Doch wenn ihn einmal Zorn und Hoffahrt packte,
Läßt er wie keiner rings die Köpfe rollen,
Bis das Entsetzen aller Welt das nackte.


IV

Was wären Dichter, trüg die Lebenswelle,
Die ihnen Sprache gab, Gesicht und Mut,
Was ihnen hell war nicht erneuter Helle
Durch stygisches Gestein bis an die Quelle,
Da einer fühlt, es ist sein eignes Gut?

Was könnte uns Vergangenes berichten,
Wär einer nicht, der in Triumph und Leid
Sich fänd und fern von seinen Lebenspflichten
Am Traumgeweb des Dichters fortzudichten,
Geheiligt ist durch seine Einsamkeit?

Vielleicht, daß Götter sie zusammenschauen
In andrer Ordnung als Geschichte spinnt,
Doch das Gewähn aus Zweifel und Vertrauen
Weiß sich in einem Rhythmus aufzubauen,
Dem auch die Götter nicht gewachsen sind.

Drum hüte dich, den Eintritt zu verwehren
Dem Toren, der die Glockenblume hegt,
Vielleicht fällt alles, was wir stolz verehren,
In dieses Blau, das namenlos zu mehren,
Wir stehn, von Traum und Himmelsblau bewegt.