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Aus »Traum von Atlantis«. Gedichte 1994   Vers 10169 bis 10240

RAVENSBURG


Weisheit des Türmers in luftiger Weite,
Stumm, wenn die Biene den Quendel umkreist,
Sag, was versprechen die rauchenden Scheite,
Rater der Mitternacht, sag, was du weißt.
Nicht soll die Springwurzel Gold offenbaren,
Aber des Rabensteins Träger begehrt
Deutung im Dunst, den die Westwinde scharen,
Kunde vom Sturm, der die Gärten verheert.

Höre, der Bogen des Ull ist zersplittert,
Pfeil, der die Wildgänse einstens geschreckt,
Modert am First, und die Halle verwittert,
Eibental fiel, und den Westhimmel deckt
Rauch aus den Schloten der Köhler und Schmiede,
Adler verschwanden, doch Spatzengeplärr
Plustert sich auf unter Rostheims Aegide,
Pafft und palavert und niemand ist Herr.

Weisheit des Türmers in sonniger Höhe,
Fiel, was der Fittich des Falken erschwingt,
Schlaffen die Segel, verriet uns die Böe,
Sag, ob der Süd uns nicht holderes bringt.
Ist doch die Sonne seit Menschengedenken
Ansporn dem Stolzen und männlichem Mut,
Unrat und Schmutz auf den goldenen Bänken
Duldet kein Krieger von edlerem Blut.

Höre, die Eichen sind Rädern gewichen,
Heuschreckenartig durchwimmeln das Land
Feurige Mischwesen, blitzend gestrichen,
Seidwerk des Kleinmuts in ratloser Hand.
Viel ist geschehn, seit der glänzende Balder
Breidablick ließ, und mag sein, daß bei Hel
Ruhmreicher dauert der Steppenbewalder
Als in der Wüste Zerstörungsbefehl.

Weisheit des Türmers in stürzenden Bächen,
Tränen des Himmels, die Jörd nicht mehr faßt,
Lohnt es uns noch in die Welle zu stechen,
Sind auch die Wunder des Nordens verpraßt?
Loki entwindet sich listig dem Hamen,
Ob ihn auch Thor, der Gewaltige, fing,
Aber die Fluten, aus denen wir kamen,
Hüten das Leben und schließen den Ring.

Höre, am Nachenzaun trieb man die Furche
Tief in den Sund, wo nach Steinöl und Pech,
Möwen vertilgend wie Otter und Lurche,
Gräbt das Gewürm, im Entheiligten frech.
Wisse, das Meer kann uns nicht mehr ernähren,
Schwarz und vergiftet sind Hering und Hecht,
Triebe den Wanen zurück zu den Schären
Heimweh, bekäm ihm der Pestgestank schlecht.

Weisheit des Türmers im fliegenden Samen,
Hortner der Saaten bei kargester Kost,
Kundig der vielen vergessenen Namen,
Sag doch, was tut sich im ferneren Ost.
Hast du das Auge mir dreifach geweitet,
Leih mir den letzten, den wichtigsten Rat,
Hat uns Verhängnis nach Westen geleitet,
Wird uns im Morgen der leuchtende Pfad?

Närrisch dem Ratlosen Weisheit zu raten,
Widars Gedörn streckt sich weiter, als je
Einer geblickt, als die Kunde von Taten
Vordrang und weiter als Lohe und See.
Niemand wird je diese Weiten begreifen,
Als durch die Welten, dem Menschen verwehrt,
Laß deine eigenen Dinge nicht schleifen,
Während du schwatzt, losch die Flamme im Herd.

Weisheit des Türmers, am Ende nicht schlauer,
Sieht sich der Frager ins Dunkel gerückt,
Doch er versteht die unendliche Trauer
Odins, der sich mit zwei Raben bestückt.
Nicht an den Lauf aller Dinge zu rühren
Fordert die Sage, zu Ende gedacht,
Rabensteins Träger, du ahndest, sie führen
Mit dir und ohne dich tief in die Nacht.