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Aus »Traum von Atlantis«. Gedichte 1994   Vers 9897 bis 9952

OZ


I

Ballone und dann später Zeppeline
Verhießen, daß die Luft uns werd zur Welle,
Sie fügten Technik an des Teppichs Stelle,
Von dem es hieß, daß Salomo er diene.

So drang das Meer ins Trockene und Helle,
Atlantis ließ die Algen und Delphine,
Und Wüstensand, Gebirges Schneelawine
Verbargen nunmehr die Legendenquelle.

So muß auch Sindbad nicht mehr Segel spannen,
Ein Sturm entführt ins Wunder einen Wagen,
Ein Kind mit einem Hündchen schwebt von dannen.

So mischt sich der Maschinendienst den Sagen,
Und süchtig macht, was Dichter so ersannen,
Daß Tausende bei ihrem Tode klagen.


II

Amerika, das Land der Möglichkeiten
Ersann die Politeia kleiner Kinder,
Wo Vogelscheuchen Bestien-Überwinder,
Und Eisenleute sich dem Herzschmerz breiten.

Die Phantasien der flügelleichten Finder
Verniedlichten die Räume und die Zeiten,
Ein Eimer Wasser kann ein Reich bestreiten,
Und nur im Zufall tötet man die Schinder.

Man wird gewahr den Kern in diesem Trotten,
Erfährt man, daß der Autor dieser Fabel
Empfahl, die Indios gänzlich auszurotten.

Setzt der Verwöhnte sich als Weltennabel,
Verwunderts kaum, doch es vergeht das Spotten,
Belehrt uns Kain, es wär ein Glück für Abel.


III

Im Rußland Stalins war die Schelm-Geschichte,
Darin ein Gaukler den Gorgonen Meister,
Ein Stoff, dem mathematicus in freister
Bearbeitung gab die gewünschte Dichte.

Die Kraft der Schwachen heißt der Szenen-Kleister,
Und nichts und niemand bremst den Weg zum Lichte,
Das Kainsmal fällt, und daß die Welt zunichte,
Geschah der Sturm der hexenhaften Geister.

Die Kinder wußten wohl, wer diese Schlimmen,
Denn Zwischentöne kennt man hier nicht viele,
In Gingema sieht man Germania glimmen.

Im Märchen sprechen ungebremste Spiele
Im Reinen so wie im verderblich Grimmen,
Doch echte Märchen taugen keinem Ziele.


IV

Die Mären, die dem Traum des Volks entsprießen,
Vermissen nicht die Kunst der Ingenieure,
Daß Gegenwart wie Technik hier nur störe,
Empfanden jene, die sie schreiben ließen.

Daß uns der Kern des Menschlichen betöre,
Gilts nicht mit Pulver und mit Blei zu schießen,
Ein Buch auftun heißt sich dem Spuk verschließen,
Der täglich sucht, daß ihm die Welt gehöre.

Drum ist der Schatz der Völker nicht zu mehren,
Wenn Broterwerb die Dichtung neuer Wunder,
Mag sich auch so viel Leserlust verzehren.

Wo Lüge spricht, sie hülfe uns profunder,
Ists forscher, die Wahrhaftigkeit zu ehren
Und Märchenschreiberei der reinste Plunder.