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Aus »Heliodromus«. Gedichte 1993 Vers 8310 bis 8482 HELIODROMUS Deus oriens, gepriesen, Schlangenumschlungener eil Hell, daß der Tau auf den Wiesen Habe am Strahlenkranz teil! Uns, die den Licht-Paradiesen Fern und dem Goldnen Serail, Die Katastrophen und Krisen Sahn unterm doppelten Beil, Wirst du mit dunklen Devisen, Reckt sich der Palmwedel steil, Herrlich den Thronfolger kiesen, Träumte Saturnus das Heil. In der Ordnung der Mithräen Hat der Pater höchste Ehre, Doch das Traumgold auszusäen, Taugt nicht irdischem Verkehre, Also stehst du Sonnenläufer, Der am Gipfel der Aktive, Unverzagt als Stierblut-Träufer, Daß da kein Gemeiner schliefe. Wo des Paters Abkunft edel, Liegt dein Adel in den Taten, Dir obliegt der Palmenwedel Und das Amt des Tagespaten, Dir sind Blut und Dunkelräume Pulse, die den Arm beflügeln, Du erlaubst dem Herrn der Träume Vornehm seine Hand zu zügeln. Daß der Walter der Symbole Selbst nicht tauge zum Propheten, War ein Pfad, der sehr zum Wohle Lange Fristen ward betreten, Singen will ich nicht dem Tiefen, Dem ein Engel ziemt als Preiser, Sondern dir, dem Offensiven, Wies gewöhnlich wagt kein Weiser. Tag und Sonne anzukünden, Bist du ganz der Stern der Frühe, Auch wenn wir im Dämmer münden, Kränzt zuletzt du Mut und Mühe, Rahmer allem Lichtverschwornen, Bist du Knospe, Lenz und Morgen, Daß die Nachtgestad-erkornen Brauchen sich kein Bild zu borgen. Zum Gespann, zur Fackellohe Setz das Attribut der Krüge, Wer durchmißt das Himmelshohe, Sorg, daß er das Rechte trüge! Ob der Tau nach Tränen schmecke, Fragt der Wäger aller Kosten, Solches bringt nur den zur Strecke, Der vergessen Rang und Posten. Aber du, der Loh und Welle Uns versöhnt im halben Kreise, Stehst zu nah an jener Schwelle, Wo es dunkel wird und leise, Also möge ein Verkäufer Preisen, was gehäuft im Lager, Aber du, der Sonnenläufer Singst dich immer nur als Wager. Wenn du deines Amtes waltest, Wenn das Große Werk geschah, Grüßen dich, die du entfaltest: Lotosblüte, Swastika. Echse kriecht aus Felsverstecken, Falter stößt die Hülle ab, Säumigeres Volk zu wecken, Kräht der Hahn des Äskulap. Aus den Wassern, blind und nächtig, Drüberhin ein Odem schwebt, Mit dem Glanz der Sphären mächtig Atlas seine Schultern hebt. Schlange, die den Sturz der Väter Sah, beginnt das alte Spiel, Helios reitet durch den Äther Auf dem blauen Krokodil. Widder führt die Sommerzeichen, Löwe schreckt das dunkle Heer, Bis vor dir die Schatten weichen, Heliodromus Luzifer. Saturnus träumt und spricht im Schlaf zuweilen, Und was ihm frommt, errät der Lauscher nicht, Er hat der Zeit entsagt, um sie zu heilen, Er läßt sie taumeln und er läßt sie eilen, Und niemand ist, der je sein Siegel bricht. Wir stehn, von seiner Heiligkeit geblendet Und von Verzagtheit, wenn die Stunde schweigt, Der Schatten ruft und der Haoma spendet, Auch unser Los, das götterferne, wendet, Wenn sich im Ost der Sonnenläufer zeigt. Er hebt die Fackel aus dem Reich der Fische, Und sein Befehl ist königlich und hold, Daß Hermes spiel am Pharaonentische, Gestrenge Muster zeug und träumerische, Ist sein Gesicht begabt mit Blut und Gold. Er greift den Staffelstab des Erosknaben, Der vor der Welt den Bogenschuß geübt, Dient Ganymed im Federkleid des Raben, Beschenkt er ihn, bis aus den Bienenwaben Der Honig quillt, den kein Gedächtnis trübt. Er wird der Stirn des Träumenden entblühen, Der uns das Reich in neuem Glanz erkennt, Und bringt in unser mürb gewordnes Mühen Auf Falterflügeln, die im Frührot glühen, Die Lotosblume aus dem Orient. Jedes Jahr, das sich im März Seine Siegeszeichen wählt, Hat nach dem, der himmelwärts Loht, die Bürgen ausgezählt. Winter macht die Wege hart, Niemand kennt, was drunter keimt, Doch es weiß der Himmelswart, Was sich seinem Leuchten reimt. Ihn, der Palme zugeneigt, Rufst du mit gespreizter Hand, Wenn er dir dein Wappen zeigt, Hat Saturn das Reich erkannt. Er regiert, bevor es tagt, Aber was das Füllhorn birgt, Rinnt durch ihn, der ungefragt Allenorts und allzeit wirkt. Nimm das Los, das er uns warf, Gold und Blut im dunklen Tann, Den er überschütten darf, Heliodromus Wassermann. Da sich die Weltzeit nach den Fischen färbte, Und Rom umschloß das ganze Mittelmeer, Vermischte sich das Volk, und die ererbte Verehrung einte nicht mehr Reich und Heer. Der Glaube wandte sich von Stamm und Sippe Zum Kosmos und zum Einzelnen, beseelt, Der Orient schien als Schoß und Spenderkrippe Der Einheit, die dem Dichterwort verhehlt. So suchten Magier, Weise, Moralisten, Am Himmel und in Schriften, Scherben, Spurn, Nach einem Kern in allen Götterlisten, Dem Völker, Sprachen, Bräuche erst entfuhrn. Daß Perseus überm Stier am Himmel thronte, Verstand man als ein Zeichen für die Tat, Daß er das hehrste Opfertier nicht schonte Und so bewegt das Fixsternhimmel-Rad. Die Wandelsterne wurden so zu Stufen Der Einsicht und der Mann, der so geweiht, Erlebte sich vom Größerm aufgerufen Als der Begrenzte in der Väter-Zeit. Doch waren Stier und Perser nicht die Sieger, Das Menschenopfer bot ein stärkres Band, Der neue Gott kam nicht als Wolf und Tiger, Bei Ochs und Esel arm die Wiege stand. Er starb verlacht, verhöhnt bei allen Qualen, Die Bosheit, Neid und blindem Haß gedeihn, Als Gegenpol zu Pracht und Himmelsstrahlen Schloß seine Not das Herz des Menschen ein. Und die ihn liebten, stritten wider alle Von Ninive, Ägypten, Babel, Ur, Ererbtes galt nun als Versucher-Falle, Zu tilgen mit dem Brand und der Tortur. Auch Mithras ward zum Feind und zum Gebannten, Die Weihe galt als Unfug und pervers, Und da die seinen treu zum Kaiser standen, Verschwand der Kult des Kriegers und des Heers. Doch Manneszucht, die seine Schar erneute, Bewahrte der Mithräen Heiligkeit, Der edle Stand der Ritterschaft erfreute Den neuen Glauben und die neue Zeit. So zeigt sich der Iraner neu gewandet Und steht der keuschen Jungfrau seinen Mann, Doch da der Fische Weltenstunde strandet, Spricht Mithras uns erneut im Geiste an. Wir forschen über Himmel und Geschichte Nach Ganzheit, die das Leben uns bedacht, Und niemand weiß, wie einst sich die Gewichte Verteilen, was verdämmert, was erwacht. |