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Aus »Heliodromus«. Gedichte 1993   Vers 7624 bis 7671

ZOLLSTATION


Federn an den Schuhn zu tragen,
Weiß der rechte Tunichtgut,
Wenn die Weiser nordwärts ragen,
Fehlt es nicht an Trank und Mut,
Dein Gepäck, von Sang und Sagen
Schwer und hold von Hanf und Mohn,
Steht mit dir und leerem Magen
Wieder an der Zollstation.

Im Gewande des Scholaren,
Der den Meister noch nicht traf,
Bist du ohne Gut und Waren
Für Merkur das schwarze Schaf,
Durch die Auen willst du fahren
Vogelfrei und ohne Fron,
Doch du mußt dich offenbaren
Wieder an der Zollstation.

Ohne Heim und Weibsgezeter
Hat dir Gott den Weg gefügt,
Und du sagst, du seiest Kreter,
Aber jeder Kreter lügt,
Atme frei noch zwanzig Meter,
Für die Kirche und den Thron
Hast du bald den schwarzen Peter
Wieder an der Zollstation.

Sturmgezaust auf Alpengraten,
Sollst vergeßne Tempel sehn,
Und ein Trostgedicht von Platen
Läßt dich manche Stunde gehn,
Stier begnügt sich mit Fermaten,
Doch versteckt erspäht Skorpion
Seinen nächsten Kandidaten
Wieder an der Zollstation.

Ob sie würfeln oder scherzen,
Die im Grenzland wachsam sind,
Sagt dir nicht das Blut im Herzen,
Nicht die Flut und nicht der Wind,
Was dir droh in ihren Schwärzen,
Wußte es der Menschensohn,
Da er sah die Stadt der Schmerzen
Wieder an der Zollstation?

Wisse du, dir folgt ein Dritter,
Dem das Tun der Menschen Tand,
Ohne Riegel, Schloß und Gitter
Rieselt fein der Marmorsand,
Seine Botschaft lautet bitter
Und sie reimt sich wie zum Hohn,
Denn du wartest mit dem Schnitter
Immer an der Zollstation.