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Aus »Burg Stahleck«.   Vers 71413 bis 71464

PROLOG


OFTERDINGEN:
Ihr kennt mich von der Wartburg, wo ich Waltern
Und Wolfram focht in einem Sängerkriege,
Das Minnespiel aus jenen Menschenaltern
Mit Mut und Treu, mit Falschheit und Intrige
Träumt sich hinfort, in diesem Traum ein Name
Ward ich, dem Sämann für die Ackerkrume
Ein Sang, der wieder Ursprung ward und Same
Für jeden, der begehrt die blaue Blume.
So ward ich über Lorbeerkranz und Zweifel
Zum Brunnen, der die Zunge löst und flügelt,
Im Odenwald, im Schwarzwald, in der Eifel,
Im Harz und wo des Thürings Meer sich hügelt.
Im Tal der Saale hat es wem gefallen,
Der Stollen grub nach Kupfer und Alaunen,
Daß es am Kyff mir wonniglich vor allen,
Wo Korn und Juni heißen Heim und Daunen.
Eh ich die Böhmer sah, die Florentiner,
War ich am Rhein, der älter ist als alles,
Dies ist ein Prüfstein für den Musendiener,
Denn alles Dürftge schlingt der Fall des Falles.
Wer dort sich nicht versteint zur Albenmine,
Der bleibt auch heiter, wenn Kometen schweifen,
Der ist für jeden Blust die Honigbiene,
Und läßt die Dinge aus sich selber reifen.
Solch Anteilnehmen lehrten mich die Frauen,
Die Heere zwangen und Gewalt mit Winken,
Sie ließen mich die Macht der Anmut schauen,
Vom Born des Einklangs und der Vielfalt trinken.
Denn wenn die Welt sich mählich formt zu Massen,
Die wie betrunken folgen Meteoren,
So widersteht nur jener, der gelassen
Dem Schoße traut, der ihn allein geboren.
Nur wer sich nie bereitfand, sich zu biegen,
Läßt auch dem andern seine Wurzelstärke,
Wer aber Pulver müht, um fortzufliegen,
Entfernt sich Gott und seinem Wunderwerke.
Im deutschen Land verfeindete Parteien
Sind Helfer, daß die Kronen ihre Zacken
Zu Sicheln machen, die vor Blutdurst schreien,
Und jedem Bauern sitzen fest im Nacken.
Wenn einzelne den Traum der Lande einen,
So wird die Freiheit bald zur tauben Bohne,
Dann sitzt die Phantasie an Feldesrainen
Und nur der Herbstwind frägt sie wie zum Hohne.
Dann wird vielleicht ein Sänger Laute schlagen,
Der sich zur Tugend anerkennt die Nöte,
Jedoch das Lied veredelt nicht die Plagen,
Und Lerchen machen nicht die Morgenröte.
Nur wenn das Maß gewahrt bleibt allem Walten,
Gibt sich das Ohr des Lauschers auch der Leier,
Dann kann kein Lied und kein Gefühl veralten,
Denn eines Heils sind Knecht und Graf und Meier.