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Aus »Hermann Sterl. Ekloge«.   Vers 67765 bis 67820

ERSTER AUFZUG. ERSTE SZENE


Ein luxuriöses Besprechungszimmer. Drei Männer mit Papieren und Sorgenfalten. Zwei spärlich bekleidete langbeinige Schönheiten tragen Getränke und Konfekt auf. Ein Wachmann stürzt herein.


Sterl, Ugol, Solotow, ein Wachmann.

WACHMANN: Verzeiht, o Chef, ich ließ die Dame draußen
So einfach stehn und stör grad terroristisch,
Doch stehn die Dinge gradezu zum Grausen,
Drum scheint mir Etikette fast snobistisch.
Dort unten im Foyer geschehn Tumulte,
Als wollte man den Wahlkampf endentscheiden,
Drum steh ich nicht gedankenvoll am Pulte,
Die Lästerei akribisch aufzuschreiben.

STERL: Nun komm erst mal zu Atem, unsre Sache
Scheint ohnehin hier ziemlich festgefahren,
Drum sei es so: ein Zeichen setz die Wache –
Was tummeln sich im Erdgeschoß für Scharen?

WACHMANN: Der Reihe nach. Grad unten vor der Pforte
Ist eine Frau auf Glatteis hingefallen,
Kein großes Ding, jedoch an einem Orte,
Nach dem die Medien grad wie Geier krallen.
Daß endlich sie ein Krankenwagen berge,
Erfordert, wie bekannt, Geduld des Russen,
Ich hört schon wieder Spott von wegen Särge,
Die Glotzer kommen grad mit Omnibussen.
Da ist ein Journalist darauf verfallen,
Ein deutscher, ja ich glaub vom Tagesspiegel,
Mit seinen Fäusten auf den Tisch zu knallen,
Daß mein Kollege kusch mit Brief und Siegel.
So hat man die Verletzte reingetragen
Ins Wahlbüro, und nun ist Polen offen,
Ein jedermann scheint sich hineinzuwagen,
Ich glaub, die ersten sind auch schon besoffen.

STERL: Ja, Putin hat es leicht in seiner Höhe,
Er schwebt in Glorie über Schmutz und Gosse,
Bei unsereinem sucht man Filz und Flöhe,
Da heißt es stets: die mitleidlosen Bosse.
Der Zar ist nicht mit Erdenmaß zu messen,
Er braucht nicht Spots und nirgendwo Plakate,
Das Volk hat seine Weisheit längst gefressen,
Und über alle Töpfe wacht der Krake.
Der Staatsmann bannt den Terror und er betet
So still, daß jeder meint, er sei bescheiden,
Jedoch, in welches Wohnhaus ihr auch tretet,
Stets steht da wer, ihm Größe zu beeiden.

UGOL: Nur ein Gewaltstreich kann die Stimmung wenden,
Es wußten doch in Rom schon die Tribune,
Daß Volkes Liebling muß vor allem spenden,
Der Dollar-Schimmel trägt die Sonnenrune.

SOLOTOW: Die Bilder sinds, die Vorurteile schaffen,
Ein Filmwerk, das dem Usurpator schadet,
Das machte Putin-Brüller rasch zu Affen,
Wohl dem, den dann die Massenwoge badet.

STERL: Genug der Theorie, wir sollten eben
Den Stier, der rotsieht, bei den Hörnern packen,
Hat ers gewagt, die Augen zu erheben,
So sitze ihm der Stiefel rasch im Nacken.
Ich nutz den Unfall, Beßrung zu geloben,
Der Feind ist fern und kann nur hilflos brummen,
Steht einer vom gemeinen Volk da oben,
So wird auch Recht Entmündigten und Stummen.
(Geht ab. Der Wachmann hinterdrein.)