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Aus »Medea. Tragödie«. Vers 51948 bis 52027 DRITTER AUFZUG. DRITTE SZENE Aietes, Jason, Kreusa, Helden. JASON (mit den Vlies an der Lanze): Ich Jason grüß im Zeichen aller Horen Das Kolcherland, das ich erneut gefunden, Ich habe aller Tücke abgeschworen Und bring das Vlies, damit ich einst verschwunden. Zwar kann ich eure Tochter nicht mehr bringen, Sie richtete sich selbst in ihrem Rasen, Doch soll das Vlies im Areshaine singen Von fetten Herden, die am Hange grasen. AIETES: Ich weiß, die Götter haben euch gesendet, Ich glaub, so war es auch beim letzten Male, Hat einst ein großer Reichtum mich geblendet, So steh ich heut mit einer Bettlerschale. Nicht was ihr bringt, hab ich begehrt zu haben, Doch wenns den Göttern so gefiel, so wehre Das Vlies uns wider Habichte und Raben Und gebe unsrer Erde wieder Ehre. JASON: Ich hörte von der Räuberei der Skythen Und der Versklavung unter ihrem Siege, Erlaubt den Helden, die sich mit mir mühten, Daß dieser böse Fluch von dannen fliege. AIETES: Erlaubnis gibt mir fast zu große Ehre, Ich flehe, wie die Furche schweigend jammert, Ein Heros dieses Plagepack verheere, Das Hälse schnürt und unsre Herzen klammert. JASON: Dies wird geschehn, bevor sie sich besinnen, Doch jetzt freut euch an euerm Eigentume, Ein beßrer Tag soll euerm Thron beginnen, Daß man noch lang erzählt von euerm Ruhme. AIETES: Es leuchtet, wo die Ampelglut verglommen, Es wärmt im Herzen, wo die Asche fahlte, Und spricht: Wie sollte ich nicht wiederkommen, Das wider alle Zweifel in euch strahlte? Doch sagt, wie ist Medea es ergangen Im fremden Land, wo sie nicht hingehörte, War die Erkenntnis, daß Sirenen sangen Die Sehnsucht, was am Ende sie zerstörte? JASON: Ich hatte sie gefreit, weil abgesprochen War dies beim Plan des Vliesraubs, der gelungen, Ich ließ sie ohne Arg ihr Süppchen kochen, Denn große Freude machten mir zwei Jungen. Doch als ich sah, daß ihr der Mord Methode, Und sich die Leichen häuften auf der Straße, Flucht ich der Argo und der Episode, Die mich besudelte im höchsten Maße. Gleichwohl sah ich kein Mittel mich zu lösen Von diesem Schatten, drunter Schädel klirrten, Und meinte, so verbunden mit dem Bösen Müßt sich mein Geist am Ende ganz verwirren. Doch gab zuletzt der König der Korinther Befehl, das Herz den Göttern nicht zu schließen, Und eh ich mich versah, kam ich dahinter, Daß sie mich erstmals wirklich lieben ließen. Ein Mädchen, das die Zartheit eint dem Mute Wohl jeder Blüte, jedem Falterflügel, Und dabei voller Leidenschaft im Blute, Zog einem, der im Wahne ging, die Zügel. Sie machte mir das unaussprechlich Schwere So leicht, das ichs vernahm in einer Flöte, Und ich begriff, kein Gut verschafft uns Ehre, Daß man darum den eignen Bruder töte. Ich war ein Narr, der eitle Dinge glaubte, Und andre machte närrisch und zu Toren, Es war ein Spiel, das euch den Segen raubte, Das schlimmer noch gewonnen als verloren. Doch erst die Liebe konnt mir dies verraten, Die uns als Nutz und Absicht ist vorhanden, Doch eh sie ihre Reife fand in Taten, Ging ihres Vaters großer Hof zuschanden. Medea, die zwar andern Lüsten frönte, Und an der Eh fand lang schon kein Gefallen, Die Unschuld als gemeines Laster pönte, Und ihre Lösung hieß: sie müsse fallen. Sie traf den Vater zwar im Mißgeschicke, Doch meinte sie, das Beil zerhieb die Liebe, So ging sie dran, daß sie die Blüten knicke, Daß nichts mehr von der Gattenliebe bliebe. Als ausgelöscht der Stamm vom Kolcherblute, Ward mir zum Fluch des Vlieses Segensquelle, Und die Erkenntnis gipfelte im Mute, Daß kehre seines Vaterlandes Helle. |