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Aus »Unstrutleuchten. Zweites Buch«. Gedichte 2020 Vers 46493 bis 46546 UNSTRUTWANDERN I Wo der Strom sich südhin schwenkt In das Weinland seines Munds, Minnesang die Stimme senkt, Der gefolgt ist Hinz und Kunz. Ob er Wandervogel sei, Ob der Müller aus dem Lied, Ob er alles trag dabei, Was sein Engel ihm beschied? Ob kein Aug ihm trau: Verweil! Ob er keiner Bleibe froh? Ob des Liedbuchs letzter Teil Schließlich heiße Nirgendwo? II Ob der Ilme, ob der Saale, Ob der Isar, ob der Ems, Manche Meile folgt im Tale Wems allein, daß Tod ihn brems. Ist der Dichter jener Vogel, Der an Ufern sich verhaucht? Der zuletzt für solch Gemogel Einen Rollstuhl-Schieber braucht? Auch Vagantentum ist Larve. Ob der Witz der Weisheit Reim? Nur die weite, nicht die scharfe Kurve bringt dich endlich heim. Wer kann wissen, was zu dichten Ihm der Lebensherbst verfüg? Doch Bereitschaft zu verzichten Hilft, daß man sich selbst genüg. Darum sag ich diesem Ufer Im voraus Fahrwohl und Glück, Denn ich weiß, ein andrer Rufer Findet einst den Weg zurück. Nach der Orla werd ich kehren, Wo mein erster Schuh besohlt, Und im Kleinsten will ich mehren, Was sich draußen wiederholt. III Ob die Unstrut wirklich leuchte Aus den Bildern, die sich reihen? Oder ob ein Wandrer keuchte, Und nicht besser klangs zu zweien? Ob die Unstrut sich vertraute In dem Buch, das nun zu lesen? Oder ob ertönt zur Laute, Was erritten auf dem Besen? Ob die Kunst die Wesen weitet Oder sie mit Schaum versiegelt, Ob dich Sonnenhelle leitet Oder Sturm das Ohr verriegelt? Niemand wird es ganz ergründen, Wieviel Gold im dunkeln Tanne, Aber wie die Ströme münden, Wird vergeben auch die Sünden Jener, der den Weg zu ründen Auch erlaubt dem Wandersmanne. |