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Aus »Die alte Linde. Zweites Buch«. Gedichte 2013 Vers 42746 bis 42809 NEUHOF IN DER STEIERMARK Die Häuser eine Nummernreih, Nach Straßen hier die Post nicht geht, Daß dies längst eingemeindet sei, Sich heute ganz von selbst versteht, Der letzten Schul bis Klasse vier Ward jüngst der Schließbefehl gesandt, Es ist wie überall auch hier, Daß in die Städte strömt das Land. Hier saßen Bauern als umher Noch Wildnis war auf weiter Flur, Als wuchs woanders der Verkehr, Blieb man hier vatertreu und stur, Und heut kennt nur botanicus Und Dichters ungelesner Traum Den Flecken, wo man anschaun muß, Europas ältsten Lindenbaum. Die Gegend muß, wer Bäume schätzt, Als Hochamt fühln, als Jubelpsalm, Stets in Erstaunen neu versetzt, Wird dir zur Träumerei die Alm, Dabei das Urteil nicht verlier, Kehr schließlich ein und schweig und sieh: Es zeigt Naturwuchs sich auch hier Als Ordnung und als Monarchie. In Übelbach, dem Herrschaftssitz, Empfiehlt man viel, was sehenswert, Doch, dies ist ganz gewiß kein Witz, Der Lindenbaum wird nicht geehrt, So suchen Dachs und Kauz allein Die Hohle, wo sie ungestört, Denn kein Besucher stellt sich ein, Wenns Werbehorn nicht zünftig röhrt. Es ist mir recht, wenn Kauz und Dachs Den alten Rucksack mir zerbeuln, Hier braucht das Ohr kein Bienenwachs, Weil die Sirenen furchtbar heuln, Hier wirbt nicht Zeitung noch Lokal, Dem Bus die Straßen auszubaun, Hier blendet nicht der Blitzlichtstrahl, Um Urlaubsfotos anzuschaun. Zwar, daß die Lind aus Christi Zeit, Mag etwas übertrieben sein, Doch mittelalters trug sie breit Ein Militär in Karten ein, Sie sei markant wie weithin keins, Als alte Bäume gab es viel, Ein so viel ältres Wort als meins Tu man nicht ab als Zahlenspiel. Zu zeichnen, was das Wort nicht fängt, In diesem Fall ich bleiben laß, Wens nach genauer Ansicht drängt, Den Wanderstecken selber faß, Sie ist, so viel ich maß und sah, Das Wunderwerk von Stamm und Ast, Wer stirbt und war noch niemals da, Hat wohl was Wichtiges verpaßt. Doch freilich ist nicht ohne Sinn, Daß so geheim der Omphalos, Wenn vielem ich gewichen bin, Dann weil mich großer Lärm verdroß, Hier lehrt mich die erlauchte Maid, Daß all mein Wandeln nicht verfehlt, Denn letztes Wort hat nie die Zeit, Was letzten Endes wirklich zählt. |