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Aus »Die alte Linde. Erstes Buch«. Gedichte 2012 Vers 39978 bis 40043 VOM LINDENBAUME Vom Lindenbaume geht bei uns die Sage, Wo Ortnit traf den Alben einst im Traume, Von dorten tönt das Lied in unsre Tage Vom Lindenbaume. Mein Kindheitsbaum war eine Haferpflaume, Doch nach der Linde ich nicht lange frage, Ein jedes Dorf macht sich zum Lindensaume. Solang dies ist, versag dir Groll und Klage, Sie prunkt mit ihrer Vielgestalt im Raume, Und darum einzig groß zu singen wage Vom Lindenbaume. Im Lindenschatten reift die hohe Minne, Und wer allein der Krone traut, der satten, Der ahnt gewiß, was er schon bald gewinne Im Lindenschatten. Dies ist kein Licht wie hinter Zauneslatten, Denn dieser Filter dämpft nicht Reiz und Sinne, Und wehrt sich dem Profanen und dem Platten. Die Heimlichkeit, nicht Wahn noch Netzes Spinne, Sie geht mit Anmut und mit Heil vonstatten, Denn jeder weiß, daß Fruchtbarkeit beginne Im Lindenschatten. Vom Lindenwurme raunen alte Lieder, Drin Python, Echse, Salamander, Urme Zur Einheit, und so heißt es immer wieder Vom Lindenwurme. Er reckte sich zu einem Flammenturme, Und Siegfried sank vor dem Vulkane nieder, Doch wich sein Mut kein Gran vor diesem Sturme. Nicht Zögern läßt verharrn gespannte Glieder, Denn einzig wer beim großen Werk nicht schurme, Erreicht das Herz und rötet das Gefieder Vom Lindenwurme. Vom Lindenblatte, das herabgefallen, Blieb herzgroß Siegfrieds Haut so weich wie Watte, Verwundbar blieb der Held durch sanftes Krallen Vom Lindenblatte. Uralt das Weib war, dem verfiel der Gatte, Dem jede Lanze hatte abzuprallen, Doch einen Makel hat die Panzermatte. Ob Kriemhild überschaut beim Fäusteballen, Woher auch Hagen seinen Auftrag hatte? Im Golde kommen Gagel auch und Gallen Vom Lindenblatte. In Lindenblüten ist die Kraft zu lindern So dicht wie nur in Sagen und in Mythen, Wir werden Heil und Heiterkeit zu Findern In Lindenblüten. Als unsre Ahnen sich den Aufguß brühten, Die Schmerzen und den Kältegeist zu mindern, Sie fühlten sich als Linden-Epiphyten. Die Linde wie der Feigenbaum den Indern Sei unser Herz, und Segen zu vergüten, Hüll ein dein Bett und das von deinen Kindern In Lindenblüten. Der Lindenhonig ist kein Wort der Dichter, Doch zeugt für Gold und Heilkraft abendtonig Bei Ebner-Eschenbach und Johann Richter Der Lindenhonig. Den Bienen zeigt die Linde sich balkonig, Auch findet man kein andres Laubicht lichter, Doch Honigtau gedeiht auch dunkelzonig. Als Seelenleids und Wundenbrands Vernichter Verholdet er uns minzig oder mohnig, Denn Musenvögel lockt im Blütentrichter Der Lindenhonig. |