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Aus »In den Isarauen«. Gedichte 2009 Vers 31904 bis 31953 RITTER Ritter sei Ritter, wir aber nur Knappen, Schrieb einst Novalis die Apologie, Wo die Gelehrten im Schummerlicht tappen, Wird nur des Vorhangs Erhabenheit kappen, Wem das Natürliche ganz Poesie. Niemand hat mehr mit dem trunknen Gefühle Forschend genaue Naturschau verquickt, Als der Verächter der thronenden Stühle, Der sich studierend so fern vom Gewühle Gläubig begeistert zum Selbstversuch schickt. Daß das Galvanische Stoff der Epoche, Streitet nicht, wer das Jahrzehnt überschaut, Daß das Gesichtslose Sichtbares koche, Daß sich die Kraft überlasse dem Loche, Aber an heimlichen Ordnungen baut. Schlesien hat nicht allein Dichter gezogen, Auch dieser physicus Liegnitz entsprang, Doch wer den Schmieden des Geist nicht gewogen, Gilt nur als Scharlatan, dumm und verlogen, Weil ja die Weisheit ein Haus hat schon lang. Viele in Thüringen schätzen den Jungen, Aber den Schwärmern wird nirgends Gehör, Wo man vom Standesbewußtsein durchdrungen Ungeprüft nachschwatzt den bösesten Zungen, Daß dieser Kindskopf nur Narren betör. Gleichwohl ist Ritter mit Grotthuß der frühste Gründer der Lehr der Elektrochemie, Wasser zerspaltet in Gase kein Myste, Und das Gesetz, das dann Volta begrüßte, Vorher schon lange bei Ritter gedieh. Auch seine Säule, die Ladungen scheidet, Rekelt als Akku sich später so fett, Zu den Spektralfarben Weißlicht er scheidet, Und er erkennt, was das Auge vermeidet, Nämlich ein Ultra am Randviolett. Selten war einer so groß im Erwachen, Aber in Jena rümpft Nasen man nur, Endlich im Bayrischen läßt man ihn machen, Doch er verliert sich in wabernde Sachen, Als er am dritten Platz sucht seine Spur. Daß er zuletzt an dem Wünschelstab klebte, Heißt doch nicht, daß er nichts andres gekonnt, Reichestes Schrifttum hier Dunstschleier webte – Konnt dran vobeigehn, wer neugierig lebte, Wissen, er werde nicht lang mehr besonnt? Wer der Natur ist im Herzen gewogen, Fragt nicht, ob anerkannt ist die Method. Heimatlos ist er durch Deutschland gezogen, Und in der Jugend zum Himmel entflogen, Und die Vergreisung hat nie ihn bedroht. |