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Aus »Das Jahr des Heils«. Gedichte 2006 Vers 16154 bis 16217 ZWILLING IM TRAUM Der leichthin am Tage Und tief in der Nacht Uns anrührt, in Frage Stehn dem, der erwacht, Seit je die Gesetze, Die traumdunkel gehn, Wenn all ihre Schätze Im Morgen verwehn. Emphasis der Preiser Und Spott – diesem Nest Auch Plato nicht weiser Den Leser entläßt: Ob Klarheit er spende, Gesicht, Prophetie, Stritt bis an ihr Ende Die Akademie. Doch da die Mithräen Die Sichtbarkeit fliehn, Da Ernten und Säen Zur Fron wurden, schien Vom Drachen zu kommen, Den Georg bezwingt, Was Knaben und Frommen Die Lenden beschwingt. Auch hat uns Alraune Vom Goldhort geklagt, Ob Sehnsucht, ob Laune – Wer weiß, was da tagt? Der Gott mit der Rebe, Steift steil sein Gelüst, Bevor der Ephebe Den Schmerzensmann küßt. Verlöschst du die Lichter, So flieht dich die Zeit, Und bist du der Dichter So halt dich bereit, Daß man dir erschlage, Das Kind, das du warst, Weil du noch im Tage Den Traum offenbarst. Der Blitz, dich zu spalten, Der Tau, der dich heilt, Sind nur als Gestalten Des Tages geteilt, Der Traum doch ist beides, Ist Knabe und Mann, Des Glückes, des Leides Erwecker und Bann. Zu stehn und zu fallen – Was gilt dies noch, sag, Dem, der sich in allen Zu schauen vermag, Die drüber verlodern, Die drinnen verglühn, Die drunter vermodern, Die draußen sich mühn? Das Logbuch der Reise, Der Wind fegt es weiß, Der Vorhang fällt leise – Auf wessen Geheiß? Was gelten die Fragen? Du hörst sie doch kaum – Es wird nicht mehr tagen. Total ist der Traum. |